Frage an Kerstin Andreae von Helge K. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrte Frau Andreae,
es freut mich zu sehen, dass Sie gegen das BKA-Gesetz votiert haben. Ich habe mich im Zuge einiger Recherchen intensiv mit den Protokollen diverser Bundestagsdebatten zum Thema BKA-Gesetz auseinandergesetzt, doch eine Information habe ich bisher nicht gefunden:
Mich würde interessieren, welche Vorbereitungsmaterialien die Abgeordneten für die Abstimmung bzw. zur entsprechenden Thematik erhalten haben.
Ich würde gerne wissen, welche Rolle hierbei die Ausschüsse (z.B. auch Wirtschaft und Technologie, in welchem Sie tätig sind) und welche Rolle die wissenschaftliche Dienste gehabt haben und wie bereits gesagt, welche Materialien zur Verfügung gestellt wurden.
Vielen Dank vorab,
Grüße aus Freiburg
Helge Kaltenbach
Sehr geehrter Herr Kaltenbach,
Gesetzentwürfe und Anträge, die in den Bundestag eingebracht werden, werden zur Beratung in die jeweiligen Fachausschüsse überwiesen. Bei der großen Zahl von Anträgen und dem spezifischen Wissen, das man zu Bewertung einzelner Themen braucht, ist eine solche Arbeitsteilung im Parlament sinnvoll und praktisch.
Grundsätzlich erfüllen die Ausschüsse also eine wichtige gesetzgeberische Funktion, da hier die Gesetzesvorlagen beraten und ggf. geändert werden. Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie, dem ich angehöre, hat das BKA-Gesetz nicht mitberaten.
Daher kann ich Ihnen auch keine Auskünfte über mögliche Vorbereitungsmaterialien geben. Bei Gesetzen, die so wichtige Fragen wie Eingriffe in die Bürgerrechte berühren, gibt es im Vorfeld aber nicht nur Sitzungen in den Ausschüssen, sondern auch in den Fraktionen.
In der Grünen Bundestagsfraktion haben wir das BKA-Gesetz intensiv diskutiert und ich habe mir dazu eine fundierte Meinung gebildet. In der Grünen Bundestagsfraktion prüfen wir, ob es rechtlich aussichtsreiche Möglichkeiten gibt, gegen dieses Gesetz zu klagen, um es zu Fall zu bringen, da es unserer Ansicht nach in der Verfassung garantierten Grundrechte verletzt.
Gerne möchte ich Ihnen auch erklären, aus welchen Gründen ich gegen das BKA-Gesetz votiert habe:
Nach wie vor entspricht die Online-Durchsuchung nicht den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes. Ein Verbot besteht nur dann, wenn "allein" Erkenntnisse aus dem "Kernbereich der privaten Lebensgestaltung" zu erwarten sind. Dies wird bei einem Totalerforschen von Festplatten und anderen elektronischen Speichern nie der Fall sein. Wie bei entsprechenden Regelungen zur Telekommunikationsüberwachung in der Strafprozessordnung müsste die Maßnahme schon dann unterbleiben, wenn zu erwarten sind, dass "auch" Daten aus dem Kernbereich erfasst werden.
Auch die Auswertungsphase der erlangten Erkenntnisse ist nicht dadurch verfassungsfest geregelt, dass sie nunmehr unter der Sachleitung eines Richters erfolgt. Dies ist Augenwischerei. Denn nach wie vor werden die BKA-Beamten mit eigenem Ermittlungsinteresse die Auswertung betreiben und nur bei eigenen Zweifeln dem Richter vorlegen. Klar wäre nur die Regelung: Die Auswertung obliegt einem Richter.
Das Zweiklassenrecht der Zeugnisverweigerungsberechtigten zwingt erst- und einmalig Anwälte, Journalisten und Ärzte zu Aussagen über Ihnen anvertraute Geheimnisse. Dies ist eines Rechtsstaates unwürdig. Außerdem dürfen unter viel zu weiten Voraussetzungen verdeckte Ermittlungsmethoden gegen sie angewendet werden.
Der Videoangriff auf die Wohnung ist ganz generell ein unzulässiger Eingriff in die Privatsphäre.
Mit freundlichen Grüßen
Kerstin Andreae MdB