Frage an Kerstin Andreae von Martin K. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrte Frau Andreae,
Haben Sie sich ein Vorbild an Guttenberg genommen?
Dank der Antwort von Hrn. Lindner weiß ich, daß Teile Ihrer Informationen aus einem FAZ-Artikel (Gefährliches Rentenvorbild Österreich) von Christian Geinitz stammen. Diese Zeitung liebt es, scheinseriös "Fakten" zu kreieren, die den Interessen ihrer Herausgeber und Redakteure folgen. Diese Darstellungen halten einer ernsthaften Betrachtung z.T. nicht stand.
Zum Beispiel: Der Rentenbeitragssatz wird als höher bezeichnet. Das stimmt, wenn man nur auf %-Sätze starrt.
Ich weiß aus eigener Erfahrung, daß der Bruttolohn in Österreich deutlich mehr wert ist - ich habe in Deutschland als Tarifangestellter 4 Jahre lang 15.000 € brutto/Jahr mehr erhalten, nur um den deutschen Nachteil auszugleichen! Daher meine Schätzung: 15.000€ x 20 Mio = 300 Mrd!
Das bedeutet, der Bruttolohn (=Arbeitskosten) muß in D. höher sein, um zum gleichen Netto zu kommen. Dann ergibt auch ein geringerer %-Satz höhere Beiträge!
Wir haben schon vor über 2 Jahren die FAS nach vielen Jahren gekündigt, da die Meinungsmache (Pro Atom) immer unerträglicher wurde, aber v.a., da sie immer mehr mit der AFD sympathisierte.
Sind Sie bereit, sich ernsthaft für einen fairen Sozialstaat einzusetzen, der alles unternimmt, Armut zu bekämpfen? Für Mindestlöhne, die nach einem vollen Arbeitsleben nicht in die Sozialhilfe führen. Für Altersvorsorge, die nicht nur den Finanzkonzernen nützt?
Mit freundlichen Grüßen
M. K.
Sehr geehrter Herr K.,
unsere Sozialpolitiker waren im März zu einem Informationsbesuch in Wien, um sich über das dortige Rentensystem zu informieren und sich auszutauschen. Im Ergebnis waren sie sich einig, dass Österreich derzeit ein höheres Rentenniveau hat und der Staat (aber auch seine Bürgerinnen und Bürger) deutlich mehr Geld dafür ausgeben. Einig waren sie sich aber auch dahingehend, dass weder das österreichische noch das deutschen Rentensystem zukunftsfähig und demographiefest ist. Insofern bleibe ich bei meiner Aussage, dass wir uns bei den Nachbarn zwar ein paar Details, wie z.B. die Mindestsicherung abschauen können, das Modell insgesamt aber nicht als Blaupause für Deutschland taugt.
Wir brauchen vielmehr ein System, das heute und in der Zukunft eine stabile Rente und ein gutes Leben im Alter ermöglicht. Auch für jene Bürgerinnen und Bürger, die (zeitweise) wenig verdient, Kinder erzogen oder Angehörige gepflegt haben, arbeitslos oder dauerhaft erkrankt waren. Wer über viele Jahrzehnte für das Alter vorsorgt, braucht und will die Sicherheit, dass sich Beiträge im Alter auch auszahlen. Deshalb sollte das Rentenniveau nicht weiter sinken. Die eingezahlten Beiträge und die ausgezahlten Leistungen müssen in einem angemessenen Verhältnis stehen, damit auch die junge Generation weiter Vertrauen in die Rentenversicherung hat. Die gesetzliche Rentenversicherung ist die mit Abstand wichtigste Säule der Alterssicherung. Doch die großen Herausforderungen des demographischen Wandels wird selbst eine starke Rentenversicherung nicht allein stemmen können. Daher spielen auch die ergänzende Betriebsrente und die private Altersvorsorge eine wichtige Rolle. Soziale Sicherungssysteme müssen verlässlich, solidarisch und gerecht gestaltet werden. Unser Ziel ist daher eine Bürgerversicherung in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung, in die alle Bürgerinnen und Bürger unter der Berücksichtigung aller Einkunftsarten einbezogen werden. Auch hier - das gebe ich gerne zu - ist Österreich weiter als Deutschland.
Mit freundlichen Grüßen
Kerstin Andreae