Frage an Kerstin Andreae von Hans H. H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Andreae,
glücklicherweise besteht ein großer Konsens: Wir müssen uns deutlich zu den Werten unserer Kultur bekennen. Politiker sind Repräsentanten des Volkes, der Gesellschaft; wo kommen wir hin, wenn sie unsere Werte nicht sichtbar repräsentieren?
Sie tun es nicht ausreichend.
Der Anlass: zwei Fälle.
Vor einem Jahr habe ich in Paris eine beispielhafte Initiative zur Integration von Kindern aus den Maghreb-Staaten kennen gelernt. Ganz einfach kopierbar, kein großer Aufwand; für den, der die Initiative ergreift, wahrscheinlich sogar ein finanzieller Gewinn.
Ich habe den Parteivorsitzenden per Mail darüber berichtet: Eine sagenhafte Chance, eine Partei zu profilieren! Habe ich gedacht. Mit Herrn Christian Lindner hatte ich einen Dialog dazu, von den anderen nicht einmal eine automatische Empfangsbestätigung.
Im Juli habe ich an der Côte d´Azur auf den Strassen offizielle französische Reaktionen auf das Attentat in Nizza erlebt: beispielhafte öffentliche Darstellungen der Grundwerte der französischen Kultur. Dies hat mich veranlasst, Frau Dr. Merkel in einem Brief auf die Chancen solcher Aktionen hinzuweisen (wie sie bei uns in den 50er, 60er und auch noch den 70er Jahren noch zu beobachten waren). Mein Brief liegt jetzt drei Monate zurück, und wieder mache ich die Erfahrung: nicht einmal eine Empfangsbestätigung.
Das war einmal anders. Ich habe mich in der Vergangenheit immer wieder einmal an führende Politiker und Regierungsmitglieder gewandt, und stets erhielt ich eine Antwort, die bei mir den Eindruck hinterließ, die Mühe war nicht umsonst.
Politiker erscheinen mir heute als weitgehend geschlossene Kaste, beschäftigt mit ihren eigenen Problemen und Problemchen; ich rede daher nicht mehr von Politikverdrossenheit, sondern von Politikerfrustration der Bevölkerung.
Meine Frage an Sie: Werden Sie sich für eine größere Dialogbereitschaft der Politiker einsetzen?
Ich danke Ihnen.
Freundliche Grüße
Hans H. Hapke
Sehr geehrter Herr Hapke,
vielen Dank für Ihren Beitrag.
Ihre Frustration ist durchweg nachvollziehbar. Ich kann Ihnen aber aufrichtig versichern, dass sich die allermeisten Politikerinnen und Politiker, die ich kenne, für die Belange der Bürgerinnen und Bürger in ihrem Wahlkreis interessieren und so gut es geht auch auf Briefe und Emails antworten und darüber hinaus Bürgersprechstunden anbieten. Die Antwortquoten auf abgeordnetenwatch.de bestätigen dieses Bild. Die modernen Medien bringen es mit sich, dass wir tagein und tagaus über verschiedenste Kanäle zahlreiche Kommentare und Fragen erhalten. Bei Parteivorsitzenden trifft das sicherlich in besonders hohem Maße zu. Das ist auch gut so, zeugt es doch von einem regen politischen Interesse der Bevölkerung. Aber dass gelegentlich einmal eine Antwort untergeht, ist nur allzu menschlich - auch wenn unser Anspruch selbstverständlich ein anderer ist. Woran es in Ihren konkreten Fällen lag, weiß ich natürlich nicht. Ich biete Ihnen aber gerne an, sich mit mir in meiner Bürgersprechstunde über diese Themen auszutauschen. Kontaktdaten finden Sie hier: http://kerstin-andreae.de/service/kontakt.html
Über den schlechten Ruf von Politikern habe ich mir neulich intensiv Gedanken gemacht, als der Schauspieler Klaus Maria Brandauer in einer Rede sagte, er "hasse" Politiker. Ich habe ihm daraufhin einen öffentlichen Brief geschrieben, den Sie hier finden: http://kerstin-andreae.de/das-neueste/meldungen/detail/nachricht/hass-ist-keine-loesung.html
Mit freundlichen Grüßen
Kerstin Andreae