Frage an Kerstin Andreae von Markus L. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Thema: Verbreitung künstlicher Intelligenz
Sehr geehrte Frau Andreae,
der Mensch als Spitze der göttlichen Schöpfung hat gerne die Kontrolle auf unserer Erde.
Wir bedienen Maschinen und Computer, ziehen Wissen aus dem Internet.
Dass Schachcomputer den besten Schachspieler der Welt besiegen, mag noch OK sein.
Aber die Forschung arbeitet längst an Nachbildungen des menschlichen Gehirns, an einer Superintelligenz, die lernend ist und miteinander kommunizieren soll.
Maschinen, die sich reproduzieren können und ein Bewusstsein haben, sind in nicht ferner Zukunft zu erwarten.
Siehe hierzu einen Bericht der BBC über verschiedene Szenarien unter:
http://www.bbc.com/future/story/20150713-how-worried-should-you-be-about-artificial-intelligence
In den USA wird aktiv an Killer Robots geforscht, einer Armee aus selbständigen Maschinen, gebaut um zu töten.
Jedoch schon das harmlos erscheinende autonome Autofahren bedeutet, ein erhebliches Stück Alltag der Maschinenwelt anzuvertrauen.
Hoppla, das selbstfahrende Auto sucht gar keinen Blickkontakt mehr mit mir als Fussgänger, bevor es abbiegt;
Hoppla, ganze Berufsgruppen werden plötzlich arbeitslos;
Hoppla, ausser ein paar Ethik-Richtlinien gibt es gar keine Gesetze, die die Entwicklung und Verbreitung von KI regeln;
Hey, ist das da ein Roboter, der den Kinderwagen durch die Gegend schiebt, oder ein Mensch?
Meine Frage ist, ob Sie als Bundestagsabgeordnete sich bereits über dieses Thema informiert haben und ob Sie den Eindruck haben, dass es genügend demokratische Kontrolle über die sich beschleunigende Entwicklung gibt.
Denn Künstliche Intelligenz wird die Zukunft der Menschheit wohl mehr beeinflussen, als alles bisher gekannte.
Vielen Dank.
Mit freundlichen Grüßen
Markus Linden
Sehr geehrter Herr Linden,
vielen Dank für Ihre Frage.
Die Digitalisierung der Gesellschaft und die Entwicklung und Nutzung Künstlicher Intelligenz sind Themen, die in unserem Leben tagtäglich an Bedeutung hinzugewinnen und mit denen sich die Politik rechtzeitig intensiv auseinandersetzen muss. Wir Grüne sehen darin riesige Chancen, etwa praktische Erleichterungen für Verbraucherinnen und Verbraucher und einen Wachstumsmotor für die Wirtschaft. Allerdings besteht selbstverständlich ein staatlicher Regelungsbedarf, damit Verbraucher- und Bürgerrechte diesem Transformationsprozess nicht zum Opfer fallen. Wir Grüne sind die Kraft im Bundestag gegen Überwachung und für Bürgerrechte in einer modernen Demokratie. Ich möchte auf einige der von Ihnen vorgebrachten Punkte genauer eingehen:
Sie sprechen in Ihrer Frage unter anderem die Auswirkungen der Digitalisierung auf den Arbeitsmarkt an. Einerseits entstehen neue Märkte und Geschäftsmodelle mit neuen Jobs. Zur Wahrheit gehört aber natürlich auch: Berufe für gering qualifizierte Menschen - insbesondere in der Produktion - und Arbeitsplätze mit hohem Routinegrad werden durch die Automatisierung nach und nach wegfallen bzw. durch Maschinen und Computer ersetzt. In Deutschland ist in etwa jeder zehnte Arbeitsplatz davon betroffen. Wir dürfen diese Menschen nicht alleine lassen – der Schlüssel liegt wie so oft in einer guten Aus- und Weiterbildung. Fachkräfte werden auch morgen gebraucht, sei es im IT-Sektor oder im wachsenden Markt der sozialen Dienstleistungen.
Zurecht warnen Sie außerdem vor vollautomatisierten Waffensystemen, den sogenannten Killerrobotern, die selbstständig über Leben oder Tod von Menschen entscheiden können. Wir Grüne fordern die Bundesregierung auf, sich auf internationaler Ebene entschieden für die Ächtung solcher Killerroboter und für wirksame Rüstungskontrollen einzusetzen.
Sie fürchten negative Auswirkungen von selbstfahrenden Autos auf die Sicherheit im Straßenverkehr. Hier bin ich eher optimistisch, denn Experten gehen von einer deutlich erhöhten Verkehrssicherheit durch das autonome Fahren aus, da 90 Prozent der Unfälle auf menschliches Fehlverhalten zurückzuführen sind. Zudem bieten sich mit vernetzten Verkehrssystemen und intelligenten Autos vielversprechende Möglichkeiten für mehr Klimaschutz. Gleichzeitig entstehen allerdings auch Risiken für den Datenschutz, etwa wenn das Auto Informationen über das Fahrverhalten speichert und aussendet. Auch hier muss die Politik rechtzeitig mögliche Probleme erkennen und sich Einschränkungen beim Datenschutz entgegenstellen.
Die Grüne Bundestagsfraktion hat bereits vor einem Jahr ein Fachgespräch zum Thema "Vernetztes Auto - Chancen und Risiken" veranstaltet, bei dem über das vernetzte Auto als bereits existierende Vorstufe vollends automatisierter Fahrzeuge diskutiert wurde. Einen Bericht über das Fachgespräch finden Sie hier: https://www.gruene-bundestag.de/themen/verkehr-01-01-1970/vernetztes-auto-chancen-und-risiken/seite-1-vernetztes-auto-chancen-und-risiken.html.
Grundsätzlich dürfen wir natürlich aus lauter Angst vor potentiellen Fehlentwicklungen den Anschluss an die digitalisierte Weltwirtschaft nicht verlieren. Gleichzeitig müssen wir aber unsere Verbraucher- und Bürgerrechte stärken und dürfen als Politik den rasanten Entwicklungen nicht machtlos hinterherlaufen. Wir brauchen eine aktive Auseinandersetzung über all die von Ihnen angesprochenen ethischen Fragestellungen. Politik, Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Gewerkschaften müssen im Austausch miteinander Konzepte für die demokratische Kontrolle und Ausgestaltung der rasanten Veränderungen entwickeln, damit diese der ganzen Gesellschaft zugute kommen können.
Mit freundlichen Grüßen
Kerstin Andreae MdB