Frage an Kerstin Andreae von Rolf H. bezüglich Finanzen
1. Wie stehen Sie zum bedingungslosen Grundeinkommen?
2. Was ist Ihre Meinung zu TTIP?
Dank und freundlichen Gruß
Rolf Hannes
Sehr geehrter Herr Hannes,
vielen Dank für Ihre Fragen.
Wir wollen die Idee einer finanziellen Basissicherung oder die einer negativen Einkommensteuer weiter diskutieren. Gerade in der Debatte um Grundsicherung und ein bedingungsloses Grundeinkommen für alle muss es darum gehen, unsere Leitbilder von Gerechtigkeit und emanzipativer Sozialpolitik, die Bedeutung öffentlicher Institutionen und Finanzierbarkeit zu verbinden. Wir wollen diese Debatte in die Gesellschaft hineintragen. Wir halten deshalb die Einrichtung einer Enquete-Kommission im Deutschen Bundestag für sinnvoll, in der Idee und Modelle eines Grundeinkommens sowie grundlegende Reformperspektiven für den Sozialstaat und die sozialen Sicherungssysteme diskutiert werden. In einer solchen Enquete wollen wir der Diskussion über ein bedingungsloses Grundeinkommen sowie damit verbundene Veränderungen in den sozialen Sicherungssystemen den nötigen Raum verschaffen. Ziel ist es, die Schere zwischen Arm und Reich zu schließen und das individuelle Grundrecht auf Teilhabe zu verwirklichen.
Wir fordern einen Neustart der europäischen Handelspolitik. Sie muss auf starke Standards, Nachhaltigkeit und globale Gerechtigkeit abzielen und stärker multilateral ausgerichtet sein. TTIP muss gestoppt und Verhandlungen nach diesen Maßstäben neu aufgestellt werden. Das ist aber keine Absage an Handel generell, denn Handel ist nicht nur ein Eckpfeiler für eine florierende Wirtschaft. Handel über Grenzen hinaus leistet auch einen wichtigen Beitrag zum Austausch zwischen Menschen und Kulturen. Aus diesem Grund begrüße ich grundsätzlich Initiativen zur Vertiefung der Handelsbeziehungen. Die Finanz- und Bankenkrisen der letzten Jahre haben gezeigt, dass international vereinbarte Standards und stärkere Kontrollmechanismen dringend nötig sind.
Vertiefte Partnerschaften müssen dabei aber anstreben, soziale und ökologische Standards zu stärken und auch für den Klimaschutz positive Impulse zu setzen. Die EU und Deutschland sollten deshalb auch nur Vereinbarungen eingehen, die neben wirtschaftlichen Vorteilen vor allem den Verbraucher- und Umweltschutz verbessern und soziale und Datenschutz-Standards sichern und dies möglichst, ohne die globale Perspektive aus den Augen zu verlieren indem bspw. Entwicklungsländer durch bilaterale Verträge wie TTIP Schaden nehmen.
Es ist wichtig zu verstehen, dass TTIP sehr viel mehr sein soll als ein reines Handelsabkommen. Denn der Handel zwischen den USA und der EU floriert seit Jahren, ganz ohne TTIP. Die Märkte der USA und der EU sind bereits sehr offen. Unternehmen von beiden Seiten des Atlantiks investieren schon jetzt Milliardensummen auf der jeweils anderen Seite. Die Einfuhrzölle sind bereits niedrig, liegen bei etwa vier Prozent im Schnitt. Es gibt noch einzelne Wirtschaftszweige wie die chemische Industrie, für die Zölle noch ein Problem darstellen – das ist aber eher eine Randerscheinung und auch ohne einen solch umfassenden Vertrag lösbar.
In den Verhandlungen zu TTIP geht es deshalb auch nur zu einem kleinen Teil um Zölle oder die Schaffung von Marktzugängen. Der Kern der Verhandlungen ist ein anderer: Verhandelt wird die Angleichung von bestehenden Standards und die Möglichkeit von Angleichungen in der Zukunft. Während die EU-Kommission beteuert, dass dadurch keine Standards untergraben werden, gibt es immer mehr Hinweise, die zeigen: Unser Misstrauen ist gerechtfertigt. Und die Sorge ist begründet, dass Handelsabkommen wie TTIP eine Hintertür dafür werden sollen, um soziale und ökologische Standards zulasten des Gemeinwohls abzusenken.
Die Geheimhaltungspolitik der EU-Kommission muss endlich ein Ende haben. Handelsabkommen mit der Tragweite von TTIP dürfen nicht verhandelt werden, ohne dass demokratisch gewählte Parlamente und die Öffentlichkeit an der Diskussion beteiligt und fortlaufend und umfänglich darüber informiert werden.
Weitere Informationen zu TTIP und meinen eigenen Positionen sowie denen der grünen Bundestagsfraktion finden Sie auf der Fraktionshomepage unter http://www.gruene-bundestag.de/parlament/initiativen_ID_2000009.html .
Mit freundlichen Grüßen
Kerstin Andreae MdB