Frage an Kerstin Andreae von Jakob S. bezüglich Recht
Guten Tag Frau Andreae
Wie der Onlinepräsenz des Stern zu entnehmen ist ( http://blogs.stern.de/hans-martin_tillack/klammheimlich-das-gesetz-geaendert/ ) hat der Bundestag am 12.06.2013 unter Zustimmung aller Fraktionen (mit Ausnahme der Linken) einen Gesetzesentwurf auf den Weg gebracht, der einen Zugriff auf bestimmte Unterlagen des Bundesrechnungshofes auf Basis des Informationsfreiheitsgesetzes unterbindet ( http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/139/1713931.pdf ). Betroffen sind u.a. Unterlagen, die die Verwendung von Finanzzuschüssen aus dem Bundeshaushalt durch die Parteien behandelt.
Zitat: "Zum Schutz des Prüfungs- und Beratungsverfahrens wird Zugang zu den zur Prüfungs- und Beratungstätigkeit geführten Akten nicht gewährt. Satz 3 gilt auch für die entsprechenden Akten bei den geprüften Stellen."
Der Argumentation, dass es hier um den „Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen“ ginge, kann ich nicht nachvollziehen. Parteien sind keine Konzerne und kein Selbstzweck, sondern der verlängerte Arm der Wähler.
Wie sehen Sie das? Warum haben auch die Grünen gegen Transparenz bei der Verwendung von Steuergeldern durch die im Bundestag vertretenen Parteien gestimmt?
Viele Grüße -- Jakob Sohrt
Sehr geehrter Herr Sohrt,
verzeihen Sie meine späte Antwort. Die grüne Fraktion hat dem Gesetzentwurf zugestimmt, um einen geregelten Ablauf des Prüfprozesses des Bundesrechnungshofs zu ermöglichen. Dieser wäre gefährdet, wenn mitten im Verfahren Details der Prüfung in der Öffentlichkeit diskutiert werden würden. Der Rechnungshof holt zu seinen Prüfungen auch Gegen-Stellungnahmen ein und kommt dann zu einer abschließenden Bewertung (sogenanntes kontradiktorisches Verfahren). Nach dem Ende dieses Prüfprozesses wird über das Ergebnis volle Transparenz hergestellt, wenn es sich um eine öffentliche Angelegenheit handelt. Die Rechenschaftsberichte der Parteien werden als Bundestagsdrucksachen veröffentlicht und vom Bundestagspräsidenten geprüft. Auch dieser Bericht wird als Bundestagsdrucksache veröffentlicht.
Wir Grüne setzen uns für mehr Transparenz bei der Parteienfinanzierung ein. So strebt die große Koalition aktuell eine Änderung des Parteiengesetzes an, die sich auf eine Erhöhung der finanziellen Mittel konzentriert, die Parteien aus staatlicher Finanzierung erhalten. Dabei bleiben dringend notwendige Regelungen zur Verbesserung der Transparenz der Parteienfinanzierung und zur Verhinderung eines übermäßigen Einflusses wirtschaftlicher Interessengruppen außer Acht.
Mehr Transparenz ist bei Spenden an Parteien von Nöten, damit Bürgerinnen und Bürger erkennen können, ob eine Einflussnahme auf politische Entscheidungen erfolgt. Seit Jahren fordern wir bereits, die Summen, ab denen Zuwendungen mit Namen der Spendenden öffentlich gemacht werden müssen, deutlich herabzusetzen. Dies hat auch die Staatengruppe des Europarats gegen Korruption (GRECO) in ihrer Evaluierung empfohlen.
Wir meinen außerdem, dass Spenden an Parteien auf natürliche Personen mit einer jährlichen Obergrenze pro Person beschränkt werden müssen. Denn die Willensbildung in der Demokratie vollzieht sich über die Beteiligung und das Engagement gleichberechtigter Bürgerinnen und Bürger. Einzelne sinnvolle Änderungen enthält der Gesetzentwurf: So soll es stärker sanktioniert werden, wenn eine Partei keinen Rechenschaftsbericht einreicht. Die trickreiche Erhöhung der einer Partei zustehenden staatlichen Mittel durch Kreierung von Einnahmen, die gleich hohen Ausgaben gegenüberstehen, wird verhindert und sichergestellt, dass die Einnahmen tatsächlich eine Verankerung der Partei in der Gesellschaft widerspiegeln. Aus unserer Sicht reicht das nicht für eine gelungene Reform. Die große Koalition nutzt ihre Mehrheit für eine deutliche finanzielle Mittelerhöhung, lässt aber in Sachen Transparenz Mut und Willen zur Verbesserung des Systems vermissen.
Viele freundliche Grüße
Kerstin Andreae