Frage an Kerstin Andreae von Cruel B. bezüglich Familie
Sehr geehrte Frau Andreae,
seit August 2001 ist das Lebenspartnerschaftsgesetz in Kraft. In den vergangenen 12 Jahren wurden die eingetragenen Lebenspartnerschaften mit den gleichen Pflichten wie Eheleute belegt, d.h. alle Regelungen, die finanzielle Verantwortung füreinander beinhalten, gelten auch für Lebenspartnerinnen und Lebenspartner. Dem gegenüber stehen massive, diskriminierende Benachteiligungen, z.B. im Adoptionsrecht, im Erbschaftsteuerrecht (unterschiedliche Freibeträge) und bei Arbeitslosigkeit oder Arbeitsunfähigkeit (Anrechnung von Einkommen und Vermögen auf die staatliche Unterstützung). Im Gegensatz zu Eheleuten steht Lebenspartnerinnen und Lebenspartnern für geleistete Unterstützung aber nur ein steuerlicher Absetzungshöchstbetrag von 7.680 € zu. Eine gemeinsame Veranlagung wie bei Eheleuten ist nicht möglich. Lebenspartnerschaften werden somit für die Übernahme gegenseitiger Fürsorge vom Staat finanziell bestraft, während andererseits auch kinderlose Ehen vom Ehegattensplitting profitieren können. Auch im Beamtenrecht werden Lebenspartnern bisher der Familienzuschlag und andere Leistungen verwehrt.
Mit dieser diskriminierenden Gesetzeslage liegt die Bundesrepublik Deutschland in Europa weit hinter anderen Ländern zurück – man könnte auch sagen, wir sind eins der Schlusslichter, was die Akzeptanz alternativer Lebensformen und deren gesetzliche Gleichstellung angeht. Hieraus resultiert meine konkrete Frage:
In welcher Weise setzen Sie persönlich sich auf Bundes-, Landesebene und in Ihrem Wahlkreis zurzeit für die Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartnerschaften mit der Ehe ein?
Sehr geehrter Herr Bauer,
gleiche Liebe verdient gleichen Respekt und deshalb auch die gleichen Rechte. Ich möchte, dass alle Paare die Ehe eingehen können. In 14 Ländern weltweit ist dies bereits möglich, warum nicht auch in Deutschland. Damit machen wir deutlich, dass alle Familien dem Staat gleich viel wert sind. Darüber hinaus müssen wir das Familienrecht erweitern und elterliche Mitverantwortung sozialer Eltern absichern. Dazu fordern wir Grünen, dass die Möglichkeit der künstlichen Befruchtung Lebenspartnerinnen, Unverheirateten und Alleinstehenden offen stehen muss.
Verantwortliche Politik muss viel stärker für Vielfalt und Akzeptanz werben. Deshalb brauchen wir einen bundesweiten „Aktionsplan für Vielfalt“, der Homophobie und Transphobie entgegensteuert. Der Satz „Niemand darf wegen der sexuellen Identität diskriminiert werden“ gehört ins Grundgesetz.
Menschen, die nach 1945 in Deutschland wegen homosexueller Handlungen strafrechtlich verurteilt wurden, gehören endlich rehabilitiert und entschädigt. Es ist an der Zeit, dass Deutschland sich auch dieser Vergangenheit stellt.
Wir Grünen wollen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) effektiver gestalten, den Rechtsschutz für Betroffene stärken und insbesondere ein echtes Verbandsklagerecht vorsehen. Ebenso setzen wir uns dafür ein, dass das AGG europarechtskonform überarbeitet wird: Wir wollen erreichen, dass die Bestimmungen des AGG wie in anderen Tendenzbetrieben auch auf Beschäftigungsverhältnisse in kirchlichen Einrichtungen Anwendung finden.
Mit freundlichen Grüßen
Kerstin Andreae MdB