Frage an Kerstin Andreae von Peter S. bezüglich Jugend
Hallo,
Haben Sie den Film its a boy angeschaut?
Den gab es für alle Abgeordneten kostenfrei.
Sehr geehrter Herr Schneider,
den Film "it´s a boy" habe ich nicht gesehen, mich jedoch mit dem Thema "Beschneidung von Jungen" in den letzten Monaten intensiv beschäftigt und u.a. eine öffentliche Diskussionsveranstaltung dazu in meinem Wahlkreis durchgeführt.
Der Bundestag hat am 12. Dezember ein Gesetz verabschiedet, das eine medizinisch fachgerecht durchgeführte Beschneidung kleiner Jungen weiter zulässt, wenn das Kindeswohl dem nicht entgegensteht.
In einem Änderungsantrag habe ich zusammen mit weiteren Abgeordneten aus allen Fraktionen vorgeschlagen, dass der zum Ausdruck gebrachte Wille des nicht einsichts- und urteilsfähigen Kindes beachtet werden muss und dass die Frist, innerhalb der auch Nichtärzte ohne Narkose beschneiden dürfen, von sechs Monaten auf 14 Tage nach der Geburt verkürzt wird. Leider hat unser Änderungsantrag aber keine Mehrheit im Parlament gefunden.
Nach dem Urteil einer Strafkammer des Landgerichts Köln im Mai 2012 hatte der Bundestag die Bundesregierung aufgefordert, einen Gesetzentwurf vorzulegen. Auch wenn dieses Urteil über den konkreten Fall hinaus keine rechtliche Bindungswirkung hat, so hat es doch vor allem bei jüdischen und muslimischen Gläubigen, aber auch Ärzten und medizinischem Personal für große Verunsicherung gesorgt. Viele haben die Frage aufgeworfen, ob angesichts der zentralen Bedeutung des Beschneidungsgebotes jüdisches und muslimisches Leben in Deutschland auch in Zukunft möglich sein kann. Der Kern der Debatte dreht sich um die Auslegung des Kindeswohls in der grundrechtlichen Abwägung zwischen dem Recht auf körperliche Unversehrtheit des Kindes, dem Recht und der Pflicht der elterlichen Fürsorge und der Frage der Religionsfreiheit des Kindes, die die Eltern stellvertretend für das Kind ausüben. Wir Grünen sehen uns gleichermaßen als Anwältin der Kinderrechte als auch als Verteidigerin von Grundrechten, deren Einschränkung einen Einfluss auf unsere multikulturelle Gesellschaft hätten, in der wir Muslimas und Muslime willkommen heißen und uns über die Wiederkehr jüdischen Lebens nach Deutschland freuen.
Ich habe in der Debatte immer für eine verantwortungsbewusste und sensible Abwägung der Grundrechte geworben. Beschneidungen müssen medizinisch fachgerecht und so schmerzfrei wie irgend möglich durchgeführt werden. Die Eltern müssen insbesondere wegen der fehlenden medizinischen Indikation ausführlich über die Risiken des Eingriffs aufgeklärt werden.
Mit freundlichen Grüßen
Kerstin Andreae MdB