Frage an Kerstin Andreae von Lutz H. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrte Frau Andreae,
in der Aktuelle Stunde "Geplante Abschaffung der Marktwirtschaft im Grundsatzprogramm der LINKEN" des Deutschen Bundestages am 27.10.2011 haben Sie laut Protokoll gesagt:
"Am besten finde ich aber noch Ihre Verstaatlichungsnummer. Sie wollen Großbetriebe und große Energieversorgungsunternehmen verstaatlichen. Liebe CDU, unsere grünrote Regierung in Baden-Württemberg hat das Erbe angetreten, das euer Stefan Mappus – unser ehemaliger Ministerpräsident – mit der verfassungswidrigen Teilverstaatlichung des Energieversorgungsunternehmens EnBW hinterlassen hat. Was haben wir jetzt davon? 1 Milliarde Steuergelder wurde aufgrund von Kursverlusten in den Sand gesetzt. Und die Linke redet von Verstaatlichung?"
Quelle: http://www.gruene-bundestag.de/cms/bundestagsreden/dok/394/394506.html
Welcher Zusammenhang besteht für Sie zwischen der verfassungswidrigen Anwendung des Paragraphen 81 der Landesverfassung ("Notbewilligungsrecht") durch die Herren Mappus und Stächele auf der einen Seite und dem Programm der Partei DIE LINKE auf der anderen Seite? Der Staatsgerichtshof Baden-Württemberg hat den EnBW-Deal ja nicht deswegen gerügt, weil er wirtschaftspolitisch zu kritisieren war, sondern weil bei seinem Zustandekommen die Rechte des Landtags von Baden-Württemberg missachtet wurden. Über die Verfassungswidrigkeit von Verstaatlichungen allgemein wurde vom Staatsgerichtshof keine Aussage gemacht.
Welchen Sinn hat vor diesem Hintergrund der zitierte Passus Ihrer Rede?
Mit freundlichen Grüßen
Lutz Horn
Sehr geehrter Herr Horn,
vielen Dank für Ihre Frage. Die Linke fordert in ihrem Grundsatzprogramm, Energieversorger und weitere strukturbestimmende Großbetriebe in "demokratische gesellschaftliche Eigentumsformen" zu überführen. Nun will ich der Linken positive Absichten dabei nicht absprechen. Meines Erachtens trügt aber die Hoffnungen, dass sich mehr Staatseigentum immer als Vorteil für die Bürgerinnen und Bürger erweist. Das zeigt besonders drastisch der ökonomisch unsinnige EnBW-Deal des damaligen Baden-Württembergischen CDU-Ministerpräsidenten Mappus. Zum einen war der Kaufpreis enorm überteuert, Schätzungen gehen von ca. 1 Mrd. Euro aus. Hinzu kommt aber, dass Mappus das bis dahin unternehmerische Risiko einer über Jahre verfehlten Geschäftspolitik, nämlich der einseitigen Ausrichtung auf Atomkraft, zu einem Risiko für den Steuerzahler gemacht hat. Es ist nämlich fraglich, ob die EnBW-Dividenden in den kommenden Jahren ausreichen, um die für die Finanzierung des überteuerten Kaufpreises jährlich fälligen Zinsen in Höhe von rund 109 Mio. Euro zu begleichen. Grün-Rot in Baden-Württemberg wäre die schwere Last EnBW gern los und zwar im Interesse der Bürgerinnen und Bürger und ihrer Steuergelder. Das der Kauf der EnBW-Anteile darüber hinaus verfassungswidrig abgewickelt wurde, ist ein weiterer Skandal, den die Baden-Württemberg CDU zu vertreten hat. Ich finde es vor diesem Hintergrund ein Ablenkungsmanöver von eigenen Fehlleistungen, dass die Union im Bundestag eine Aktuelle Stunde über das Grundsatzprogramm der Linken beantragt hatte. In diesem doppelten Sinne, ist meine Kritik zu verstehen.
Viele freundliche Grüße
Kerstin Andreae