Frage an Kerstin Andreae von Christopher K. bezüglich Umwelt
Sehr geehrte Frau Abgeordnete Andreae,
ich habe aus aktuellem Anlass eine Frage an Sie. Wie ich aus einem Bericht von Report Mainz vom September 2010 erfahren habe, besteht die Möglichkeit, durch Seekabel durch die Nordsee große Mengen Strom aus Norwegen zu importieren. Das Konsortium NoGer plant, ein Unterseekabel zur Versorgung mit norwegischem Ökostrom verlegen zu lassen. Die Leistung läge bei 1400 Megawatt und mehrere Kabel wären möglich. Die EU-Energiekommission hält NoGer für ein "Schlüsselprojekt von vorrangigem Gemeinschaftsinteresse". Im Bericht wird aber erklärt, dass NoGer nicht unter die Kraftwerksnetzanschlussverordnung (KraftNAV) fällt, die regelt "dass Kraftwerke ständig Strom ins Netz einspeisen dürfen". Die KraftNAV gilt nur für Kraftwerke und nicht für Seekabel. Dadurch kann NoGer natürlich schlecht investieren, denn die Abnahme des Stroms wäre nicht garantiert. Angeblich verweigert Bundeswirtschaftsminister Brüderle, die KraftNAV auf Seekabel zu erweitern. Ohne Änderung der KraftNAV wird NoGer aber kein Geld in die Seekabel investieren.
Ich bitte Sie mir dazu folgende Fragen zu beantworten.
1. Wie ist Ihre Position und die der GRÜNEN dazu?
2. Sind Ihnen Argumente bekannt, die gegen dieses Projekt sprechen?
3. Wurde das Thema in Ihrem Ausschuss schon einmal angesprochen und wenn ja mit welchem Ergebnis? Frau Claudia Bögel antwortete in einer diesbezügliche Frage mit einer Zuarbeit aus dem Wirtschaftsministerium. Danach sollte eine Ausnahmegenehmingungsverfahren der BNetzA abgewartet werden.
4. Ist dies abgeschlossen und mit welchem Ergebnis? Wenn nein warum nicht? Das Verfahren läuft seid mindestens 8 Monaten.
5. Die BNetzA regelt in Deutschland die Netznutzungsentgelte. DIe KraftNav regelt die Bedingungen fu?r den Netzanschluss. Welche Rolle spielt die Frage der Entgelte für die grundsätzliche Anschlussgenehmigung?
6. Ist diese Begründung für die Zurückhaltung des Ministers, Ihrer Meinung nach glaubwürdig?
Sehr geehrter Herr Kuhlmann,
vielen Dank für Ihre Fragen auf die ich gerne näher eingehe:
zu 1.
In unserer "Grünen Roadmap" zum Atomausstieg fordern wir die Bundesregierung u.a. auf, mit unseren Nachbarstaaten sowie den skandinavischen Ländern Verhandlungen aufzunehmen mit dem Ziel, die dortigen Wasserkraftspeicher mit dem deutschen Strommarkt zu verbinden und den Bau der erforderlichen Leitungen aktiv voranzutreiben. Wir brauchen die europäische Vernetzung der erneuerbaren Erzeugungskapazitäten. Der Verbindung der Windkraft an der windreichen Nordsee mit den Wasserkraftwerken in Norwegen kommt für eine erneuerbare Energiewende größte Bedeutung zu. Wir brauchen endlich eine gemeinsame europäische Energiestrategie, um die Stärken unserer erneuerbaren Energiepotentiale zusammen zu bringen.
zu 2. bis 4.
Die EU-Kommission stimmt einer Ausnahmegenehmigung von der Regulierung derzeit nicht zu, weil Norwegen zunächst eine Studie machen möchte, wo und in welchem Maße Seekabel in das norwegische Stromnetz integriert werden kann. Dass das schweizerisch-norwegische Konsortium Norger jetzt seine Anträge bei Bundesnetzagentur und EU-Kommission zurückgezogen hat, ist eine Bankrotterklärung für die Energiepolitik der Bundesregierung. Vor allem der Wirtschaftsminister hat es versäumt, Farbe zu bekennen und sich in der EU und im Austausch mit Norwegen für das Seekabel einzusetzen. Wenn die Bundesregierung schon bei der Genehmigung eines Seekabels an ihre Grenzen stößt, wie soll sie da die Energiewende schaffen? Zudem verhindern auch die Koalitionsfraktionen im Umwelt- und Wirtschaftsausschuss seit Monaten Gespräche zur Energie-Kooperation mit Norwegen.
zu 5.
Der Netzanschluss muss momentan mit den Netzbetreibern individuell ausgehandelt werden. Die Ausnahme von der Regulierung wird separat erteilt. Erst wenn beides geregelt ist, hat ein von den Netzbetreibern unabhängiger Akteur die Möglichkeit, Seekabel zu verlegen. Um dieses Hinderniss aus dem Weg zu schaffen, fordern wir Grünen eine spezielle Seekabelnetzanschlussverordnung.
zu 6.
Es ist leider nicht ersichtlich, welche Art von Energiewende der Bundeswirtschaftsminister will bzw. ob er sie überhaupt will. Glaubwürdig scheint mir seine Blockadehaltung beim Thema Seekabel jedenfalls nicht. Auch beim Netzausbaubeschleunigungsgesetz zeigt sich die Planlosigkeit der Bundesregierung. Bevor man Netze baut, braucht man ein Konzept, wohin und wofür. Dafür muss man wissen, welche Energien wo ausgebaut werden sollen. Genau diesen Plan hat die Bundesregierung, die bisher einseitig auf Atomkraft gesetzt hat, aber nicht.
Mit freundlichen Grüßen
Kerstin Andreae