Frage an Kerstin Andreae von Marlene W. bezüglich Finanzen
Sehr geehrte Frau Andreae!
Mit welchen konkreten Maßnahmen würden sie dafür Sorge tragen, dass die Kosten der Bankenrettung von den Verursachern (Banken, Investmentbanken, Zweckgesellschaften, Ratingagenturen etc.)erstattet und nicht der Allgemeinheit aufgelastet werden? Welche Gesetze/Verträge sind vorgesehen, dass die Unterstützungen zurückgezahlt werden; wie werden die reichen Kapitalbesitzer beteiligt, die vorher ja hohe Renditen eingesteckt haben. Oder planen sie eher eine Erhöhung der Mehrwertsteuer oder Kürzung der Ausgaben im Sozialbereich?
Worin liegen nach ihrer Meinung die Ursachen des Crashs.
Für welche Maßnahmen haben Sie sich eingesetzt - nach den akuten Notfallrettungen - um eine ähnliche Krise in der (nächsten) Zukunft zu vermeiden.
Freundliche Grüße
Marlene Werfl
Sehr geehrte Frau Werfl,
Die bisher beschlossenen Maßnahmen zur Bekämpfung der Finanzkrise nehmen die Verursacher zu wenig in die Verantwortung. Die Spekulationen an den Finanzmärkten haben schon wieder Fahrt aufgenommen. Anscheinend haben weder Politik noch Finanzbranche wirklich aus der Krise gelernt. Bis jetzt fehlen dringend notwendige neue Regeln für die Finanzmärkte. Und auch bei den Notfallmaßnahmen hat die Bundesregierung nicht genug getan. Sie hätte sich bei der Ausgestaltung ihrer Rettungsmaßnahmen, z.B. dem Bankenrettungsschirm, stärkere Mitspracherechte sichern müssen, um direkt Einfluss auf die Banken zu nehmen, die Staatshilfen beanspruchen. So hätte sie verhindern können, dass Banken wie die HSH Nordbank, die sich nur noch dank Steuergeldern über Wasser hält, schon wieder hohe Boni an ihre Manager zahlen. Auch bei der Vergabe von Bürgschaften und Darlehen - die ja theoretisch zurückgezahlt werden- handelt die Bundesregierung nicht verantwortungsvoll. Denn es ist weder für das Parlament noch für die Öffentlichkeit nachvollziehbar, wer warum welche Gelder bekommt. Und schon jetzt sind Mittel in Milliardenhöhe abgeflossen, die vermutlich nie wieder zurückgezahlt werden, z.B. in die schlecht organisierte Rettung der Hypo Real Estate oder der Wadan-Werften. Die Finanzkrise ist vor allem eine Folge fehlender Regeln auf den weltweiten Finanzmärkten. Verantwortungslosigkeit und kurzfristigem Profitstreben waren keine Grenzen gesetzt. Um zu verhindern, dass es wieder zu einem solchen Crash kommt, müssen wir dringend international abgestimmte Regeln finden, um die Finanzmärkte weltweit zu regulieren. Wir Grüne haben uns deswegen unter anderem dafür eingesetzt, die Bankenaufsicht national und international zu stärken, eine Finanzumsatzsteuer einzuführen und mehr Transparenz für Anlegerinnen und Anleger zu schaffen sowie die Landesbanken zu reformieren und Managergehälter so zu regulieren, dass kurzfristiges Profitstreben weniger attraktiv ist. Eine pauschale Erhöhung der Mehrwertsteuer oder eine Kürzung der Sozialabgaben sind aus unserer Sicht nicht der richtige Weg, um die Kosten der Krise zu decken. Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer würde vor allem die Armen hart treffen. Schon heute leben viel zu viele Kinder in Deutschland in Armut und die Regelsätze von Hartz IV reichen für ein würdiges Leben nicht aus. Wir Grüne setzen uns dafür ein, den Regelsatz von Hartz IV auf 420 Euro zu erhöhen und eine Kindergrundsicherung einzuführen, anstatt im Sozialbereich zu kürzen. Die Kosten der Krise sollten die tragen, die davor von Spekulationen an ungeregelten Finanzmärkten profitiert haben - deswegen fordern wir eine einmalige Vermögensabgabe. Wir Grüne wollen Finanzmärkte und Wirtschaft neu ordnen, ohne andere globale Probleme wie Armut und Klimawandel aus den Augen zu verlieren. Denn grüner Politik geht´s ums Ganze: Wir dürfen die Krise an den Finanzmärkten nicht gegen das Ernährungs- und Klimaproblem ausspielen, sondern müssen diese Krisen zusammen lösen. Nur so schaffen wir wirkliche Chancen für eine lebenswerte Zukunft.
mit freundlichen Grüßen
Kerstin Andreae