Frage an Kerstin Andreae von Jörg O. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Andreae,
mich interessiert Ihre Haltung zu den geplanten Internetsperren zur Bekämpfung der Kinderpornografie.
Angesichts der Tatsache, daß alle Experten die vorgesehenen Sperrmaßmaßnahmen als völlig nutzlos bezeichnen, weil es erstens keine "Kinderpornografieindustrie" im Internet gibt und zweitens die Wirksamkeit von DNS-Sperren gegen Null geht, und unter Berücksichtigung der Auswertung bekannt gewordener Sperrlisten anderer Länder, auf denen sich zu mehr als 99% legale, wenn auch manchmal fragwürdige, Webseiten befinden, und unter weiterer Berücksichtigung der Tatsache, daß mit der Ausübung der Sperrungen eine nicht mit rechtsstaatlichen Mitteln zu kontrollierende Behörde betraut werden soll, liegt doch der Schluß nahe, daß es überhaupt nicht um Kinderpornografie geht, sondern um die Schaffung eines Zensurmechanismus, der nur noch vom Bundesinnenminister als Dienstherrn des BKA kontrolliert wird.
Was werden Sie, was wird die Fraktion der Grünen, was die Partei der Grünen, dagegen unternehmen?
mit freundlichen Grüßen
Jörg Oertel
Sehr geehrter Herr Oertel,
Kinderpronografie ist ein besonders widerwärtiges Verbrechen, das wir entschieden bekämpfen müssen, auch im Internet. Das Internet darf kein rechtsfreier Raum sein, in dem die Verbreitung von Kinderpornografie folgenlos bleibt. Wir Grünen halten den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Bekämpfung der Kinderpornografie im Netz jedoch aus verschiedenen Gründen für fragwürdig. Denn das technische Verfahren, das die Bundesregierung vorschlägt, ist nicht geeignet, um wirksam gegen solche Verbrechen vorzugehen. Die fraglichen Internetseiten werden nicht gesperrt, sondern die Nutzer werden auf ein Stopp-Schild umgeleitet. Ihre Daten werden erfasst, egal, ob sie zufällig auf das Stopp-Schild geraten sind oder tatsächlich nach Kinderpornografie gesucht haben. Das BKA soll selbst entscheiden können, wie es diese Stopp-Schild-Regelung ausgestaltet und was es unternimmt, wenn jemand auf solche Seiten klickt. Es besteht die Gefahr, dass hier das BKA Richter und Polizei in einem wird und sich seine Rechtgrundlagen auch noch selbst schafft. Dies widerspricht unserem Grundverständnis von Rechtsstaatlichkeit. Insofern teile ich Ihre Kritik an dem vorgelegten Entwurf. Das Anliegen, Kinderpornografie im Internet effektiver zu bekämpfen, halte ich aber für richtig. Kinderpornografie ist ein Verbrechen und kein Ausdruck der freien Meinungsäußerung. Deswegen finde ich es falsch, in diesem Zusammenhang von Zensur zu sprechen. Wir Grüne haben uns für eine Anhörung zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung eingesetzt. Ich bin sehr gespannt, was die Sachverständigen am 27. Mai zu dem Gesetzentwurf und speziell zu den rechtsstaatlichen Zweifeln, die wir Grünen haben, sagen werden. Wir Grünen werden uns weiterhin dafür einsetzen, dass Kinderpornografie im Internet mit den richtigen Mitteln bekämpft wird, anstatt auf technisch und rechtlich fragwürdige Instrumente zu setzen.
Mit freundlichen Grüßen
Kerstin Andreae