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Katrin Göring-Eckardt
Bündnis 90/Die Grünen
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429 / 432 Fragen beantwortet
Frage von Kai S. •

Frage an Katrin Göring-Eckardt von Kai S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Göring-Eckardt,

erst einmal ein großes Lob für Ihre hohe Antwort-Rate auf viele Fragen! Sie schaffen Transparenz!

Und nun zu meiner Frage:

Die Stadt Gelsenkirchen belegt im ZDF-Städte-Ranking Bundesweit den letzten Platz von 401 Regionen. Es folgen Städte wie Herne und Recklinghausen.
In Gelsenkirchen stellten Muslime bereits im Jahr 2006 20% der Gesamtbevölkerung. Dieser Anteil liegt damit deutlich über den Bundes-Wert von 5%.
Ähnlich sieht es auch in Herne, Recklinghausen und Duisburg aus.

Lassen sich daraus Parallele zum schlechten Ergebnis im Ranking ziehen?

Mit besten Grüßen

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr S.,

vielen Dank für Ihre Frage an Frau Göring-Eckardt, die ich auf ihre Bitte hin gern beantworte.

Die Sozialwissenschaft kennt die lateinische Redewendung "Cum hoc ergo propter hoc", um einen Fehlschluss aus einer Scheinkausalität zu beschreiben. Übersetzt bedeutet es so viel wie "mit diesem, folglich deswegen" und meint: Wenn Ereignisse räumlich oder zeitlich zusammen auftreten, ist damit deren Beziehung zwischen Ursache und Wirkung noch nicht bewiesen. Ein sehr einfaches Beispiel: Nur, weil im Frühjahr die Geburten steigen und im Frühjahr auch die Störche zurückkehren, kann und darf daraus nicht geschlossen werden, dass Störche die Kinder bringen.

Solche Fehlschlüssen treten im Alltag oft auf, so auch in ihrer Frage. Tatsächlich listet das ZDF in den Infos zu ihrer Deutschland-Studie eine Vielzahl der Indikatoren auf, die zur Bewertung der Städte herangezogen wurden. (https://deutschland-studie.zdf.de/about)
Da fällt Gelsenkirchen zum Beispiel mit hoher Kinderarmut (Rang 401) und Altersarmut (381), mit hoher Anzahl an Rauchern je 100 volljährigen Rauchern (401), hoher Arbeitslosigkeit (401), hoher Belastung mit Feinstaub (381), Ozon (357) und Stickoxiden (386), wenigen Sonnenstunden im Jahr (372), geringer Wahlbeteiligung zur Bundestagswahl (387), geringem Anteil an naturnaher Fläche an der Gesamtfläche (383) auf. Und dabei handelt es sich nur um eine kleine Auswahl an Indikatoren, bei denen Gelsenkirchen einen hinteren Platz in der Studie belegt.

Es fällt mir bei all diesen Indikatoren sehr schwer, einen Zusammenhang zu Muslimen herzustellen. Ehrlich gesagt fallen mir sehr schnell einige Erklärungen ein, die viel eher den schlechten Stand von Gelsenkirchen erklären könnten: Industrieller Strukturwandel, wirtschaftliche Schwäche und damit verbundene überdurchschnittliche Arbeitslosigkeit und Armutsquoten, hohe Schuldenlast der Kommune und damit verbundene Probleme in der Erfüllung von Aufgaben der Daseinsvorsorge.

Erlauben Sie mir bitte eine letzte Anmerkung: Wir führen in unserem Land sehr intensive Debatten darüber, wie wir heute und in Zukunft als Gesellschaft zusammenleben wollen. Die damit verbundenen Erwartungen und Wünsche, die aufgeworfenen Fragen und Probleme sind komplex und erfordern kluge Analyse und tragfähige Kompromisse. Vor einfachen Antworten sollten wir uns hüten, zu oft bergen sie die Gefahr eines Fehlschlusses.

Mit freundlichen Grüßen
Büro Göring-Eckardt

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