Frage an Katrin Göring-Eckardt von Sabine H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Katrin Göring-Eckart,
mit Erstaunen habe ich den Bericht einest Wahlhelfers gelesen. Er beschreibt die Auszählung wie folgt: Die Urnen werden geöffnet und die Wahlzettel nach Parteien und ungültigen Stimmen gestapelt und ausgezählt. Stimmt die Anzahl der abgegeben Stimmen mit der Wählerliste überein, Erfolge in der Regel keine Nachprüfung. Das Problem dabei, so schreibt er, daß ungewollte Stimmen auf dem Stapel der ungültigen Stimmen landen. Damit würde auch wieder die Gesamtzahl der Wahlzettel mit der Wählerliste übereinstimmen und keine weitere Kontrolle stattfinden. In Anbetracht der vielen kleinen Wahllokale sind das dann vielleicht immer nur wenige Stimmen, im Gesamtergebnis jedoch sehr wohl von Bedeutung. Würden Sie mir bitte folgende Fragen beantworten: Entspricht es wirklich der Realität, daß die Stimmen in der Regel nur einmal ausgezählt werden? Wer kann eigentlich Wahlhelfer sein? Jeder oder gibt es bestimmte Voraussetzungen? Und nun würde mich IHRE PERSÖNLICHE MEINUNG interessieren: wäre es nicht sinnvoll GRUNDSÄTZLICH zweimal und unabhängig von den ersten Wahlhelfern auszählen zu lassen? In Anbetracht der Unregelmäßigkeiten bei der Bremenwahl und Wahlbeteiligungen von 174% habe ich mich mit dem Thema beschäftigt und würde das gerne geklärt wissen. Und noch eine Frage: Mit was rechtfertigt man eigentlich die 5%-Klausel? Im Extremfall wird doch immerhin der Wille von 4,99% der Wähler einfach nicht berücksichtigt.
Für Ihre Antwort danke ich Ihnen schon heute.
Mit freundlichen Grüßen
Sabine Häffner-Schroeder
Von meinem iPad gesendet
Sehr geehrte Frau Häffner-Schroeder,
vielen Dank für Ihre Frage an Frau Göring-Eckardt, die wir gern in ihrem Namen beantworten.
Die einzelnen Verfahrensschritte bei der Auszählung einer Wahl sind detailliert in §69 der Bundeswahlordnung geregelt. (Vgl: https://www.bundeswahlleiter.de/de/bundestagswahlen/downloads/rechtsgrundlagen/bundeswahlordnung.pdf ) Dieses Verfahren muss bei der Auszählung eingehalten werden und sieht Kontrollmechanismen durch doppelte Auszählungen vor. Auf Ihre Bedenken können wir insofern nicht angemessen antworten, da uns unklar bleibt, was "ungewollte Stimmen" sind. Für Bremen gilt die entsprechende Landeswahlordnung: http://www.lexsoft.de/cgi-bin/lexsoft/justizportal_nrw.cgi?xid=168882,1
Ziel der Sperrklausel ist es, eine Konzentration der Sitzverteilung im Parlament herbeizuführen, um damit eine sichere Regierungsbildung und stabile Mehrheiten zu ermöglichen. Einer Zersplitterung des Parlaments soll damit entgegen gewirkt werden. Über die Hürde an sich und ihre Höhe kann und wird in Wissenschaft und Politik beständig debattiert. Das Bundesverfassungsgericht urteilte 1990 die Fünf-Prozent-Hürde für Bundestagswahlen für verfassungsgemäß, da es ein funktionsfähiges Parlament als höheres Gut ansah, als die möglichst exakte Wiedergabe des Wählerwillens. Andererseits hat das Bundesverfassungsgericht die Fünf-Prozent-Hürde bei Europawahlen für verfassungswidrig beurteilt. Auch in der Wissenschaft gibt es sehr unterschiedliche Bewertungen, wie man mit dieser Problematik am besten umgeht. Insofern ist auch die Frage der Sperrklausel einer beständigen Diskussion und Fortentwicklung unterworfen.
Mit freundlichen Grüßen
Büro Göring-Eckardt