Frage an Katrin Göring-Eckardt von Adolf H. bezüglich Finanzen
Zur Finanzkrise hört man viel kritische Stimmen. Wie wir allerdings sicher und dauerhaft herauskommen, dazu vermisse ich von der Politik (aller Farben) ernstzunehmende Konzepte. Die Krise wird auch zu sehr als bloße Staatsschuldenkrise und zu wenig als Krise des gesamten Finanzsystems begriffen.
Es gibt die Internetseite www.eurorettung.org, die einen Weg für die Eurowackelkandidaten aufzeigt, aber auch für die noch "stabilen" Länder modifizierbar ist.
Auf dieser Seite wird vorgeschlagen, ein zusätzlich zum Euro herauszugebendes staatliches Regionalgeld als Nebengeld einzuführen. 1:1 gekoppelt an den Euro. Dieses Regiogeld hat, wie bei Regiogeld üblich, eine Nutzungsgebühr als Umlaufimpuls zur Beschleunigung des Geldumlaufs und zur Verringerung der Möglichkeit mit Geld zu spekulieren. Zusätzlich ist eine "Abflussbremse" vorgesehen, eine Gebühr auf aus dem Regiogeld abfließende Mittel, zur Stärkung der regionalen Wirtschaft. Das führt zu einem höheren Angebot von Anlagekapital, wodurch das Zinsniveau für die Realwirtschaft sinken wird, da längerfristige Geldanlagen vom Umlaufimpuls befreit sind. Dem Staat verschafft das mehr Liquididät und zusätzliche Einnahmen. Gering- und Normalverdiener wird das kaum belasten, allerdings Kapitalflucht und Einkünfte aus Kapital behindern. Das ist eine marktwirtschaftliche Lösung zur Gesundung der nationalen Finanzwirtschaft.
Nun meine Fragen:
Kennen Sie diesen Eurorettungsvorschlag?
Werden Sie sich für eine solche Lösung einsetzen?
Wenn nein, warum nicht?
Sehr geehrter Herr Holland-Cunz,
in der Tat geht die konservative Interpretation der finanziellen Verwerfungen als reine Staatsschuldenkrise an den Ursachen der Probleme vorbei. Wir Grüne haben immer deutlich gemacht, dass zu einer tragfähigen Lösung eine fundierte Diagnose der Ursachen gehört. Diese liegen vielmehr im Platzen riesiger Spekulationsblasen, sowohl in den Vereinigten Staaten, als auch in Irland und Spanien, durch die dann reihenweise Banken in Schieflage gerieten. Die Staatsüberschuldung wurde also nicht durch ein Zuviel an Sozialleistungen verursacht, sondern weil Staaten sich im Zuge der seit 2007 entstandenen Bankenkrise gezwungen sahen, ihre Banken massiv zu rekapitalisieren. So kam es auch zu einer Umverteilung von Schulden und der Sozialisierung von Verlusten. Die Grüne Antwort liegt in der konsequenten Regulierung der Finanzmärkte, um solche Szenarien in Zukunft zu unterbinden.
Die Vorschläge um ein Regionalgeld zur Ankurbelung der Wirtschaft in Krisenstaaten, ebenso wie die Vollgeld-Debatte nehmen wir zur Kenntnis und verfolgen die Empfehlungen mit Interesse. Einige Aspekte können in gewissen Fällen durchaus komplementär zur Bewältigung der Krise beitragen. Insbesondere arbeiten wir darauf hin, dass der notwendige Abbau der Verschuldung - und damit beziehen wir uns stets auf die Gesamtverschuldung von Staaten, Unternehmen und Privathaushalten - möglichst nicht zu Lasten der Wirtschaftsleistung geht. Auch deshalb haben wir Grüne auf unserem Parteitag im November 2011 eine Vermögensabgabe zum Abbau der enormen Staatsverschuldung beschlossen.
Allerdings ist klar, dass die aktuelle europäische Herausforderung darin besteht, inhärente Konstruktionsfehler der Eurozone konsequent zu lösen. Hier wird auch Regional- oder Vollgeld zu keiner stabilen Lösung führen, da diese auf andere Problemzusammenhänge Antworten geben. Auch bleiben bei diesen Vorschlägen zentrale Fragen ungeklärt.
Mit freundlichen Grüßen
Katrin Göring-Eckardt