Frage an Katrin Göring-Eckardt von Inge Z. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Göring-Eckardt,
ich habe immer noch Ihre klaren und sehr mutigen Worte vom Abschlussgottesdienst des evangelischen Kirchentags in Dresden im Ohr, mit denen Sie Bürgerinnen und Bürger dazu ermutigen sich für Ihre Anliegen, für unser Land, für die Umwelt zu engagieren und gleichzeitig die Politiker ermahnen, den Protest der Bevölkerung ernst zu nehmen.
Deshalb möchte ich mich im Vorfeld des Sonderparteitags der Grünen an Sie wenden und fragen, wie es sein kann, dass der Vorstand der Partei dem faulen Kompromiss der Regierung zustimmt. Welche Möglichkeiten der Lagerung der in den nächsten 11 Jahren entstehenden radioaktiven Abfälle (pro Jahr und AKW 30 Tonnen hochradioaktiver Müll plus ca.70 Tonnen schwachradioaktives Material) sind ihm bekannt, dass er einen Weiterbetrieb der Atomkraftwerke für moralisch verantwortbar hält?
Über eine baldige Antwort würde ich mich freuen.
Mit freundlichen Grüßen
Inge Zschaler-Honndorf
Sehr geehrte Frau Zschaler-Honndorf,
herzlichen Dank für Ihre Frage. Bündnis 90/Die Grünen halten - wie die Mehrheit der Bevölkerung Deutschlands - die Nutzung von Atomkraft zur Energiegewinnung für gefährlich, teuer und hoch problematisch (nicht zuletzt aufgrund der ungelösten Endlagerfrage). Der breite gesellschaftliche Protest auf dem Kirchentag und anderswo, das vielfache Engagement von Bürgerinnen und Bürgern für die Energiewende und den Ausstieg aus der Atomkraft, und nicht zuletzt das Unglück von Fukushima haben nun auch die schwarz-gelbe Bundesregierung zum Umdenken veranlasst, so dass die von Union und FDP im vergangenen Herbst beschlossenen Laufzeitverlängerungen für Atomkraftwerke zurückgenommen werden sollen. Der von den Regierungsfraktionen vorgelegte Kompromiss ist kein GRÜNER Antrag. Wir GRÜNE halten den Ausstieg aus der Atomkraft bis zum Jahr 2017 für technisch möglich. Dafür existiert allerdings keine parlamentarische Mehrheit. Die von Schwarz-Gelb vorgelegte Novelle des Atomgesetzes ist aber eine Möglichkeit für einen überparteilichen Konsens, der mit extrem hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr aufkündbar sein wird. Das hat am vergangenen Samstag eine Mehrheit der Delegierten des GRÜNEN Sonderparteitages dazu bewogen, der Bundestagsfraktion die Zustimmung zu diesem Antrag zu empfehlen. Ich werde dieser Empfehlung am kommenden Donnerstag folgen, denn auch wenn ich mir den Ausstieg 2017 gewünscht hätte, halte ich den definitiven Ausstieg 2022 für einen bedeutsamen Schritt hin zu einer ökologischeren, zukunftsfähigeren Energieversorgung. Zudem wäre selbst bei einer Ablehnung der AtG-Novelle durch die GRÜNEN und einer GRÜNEN Regierungsbeteiligung auf Bundesebene ab 2013 dann kein Atomausstieg binnen vier Jahren möglich. Für den Ausstiegsprozess sind auch nach der Datenlage, auf die wir uns stützen, sechs Jahre notwendig. Eine neue, ergebnisoffene Endlagersuche bleibt eine große Aufgabe, der sich die Bundesregierung leider in den von ihr vorgelegten Konzepten und Anträgen nicht in der notwendigen Klarheit stellt. Wir GRÜNE werden uns für eine solche ergebnisoffene und auf dem Stand der aktuellen Technik und Wissenslage basierenden Endlagersuche am kommenden Donnerstag und in den kommenden Wochen, Monaten und Jahren auch weiterhin einsetzen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre
Katrin Göring-Eckardt