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Katja Mast
SPD
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Frage von Stefan B. •

Frage an Katja Mast von Stefan B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Mast,

bei der Abstimmung zur Diätenerhöhung haben Sie zugestimmt. Meine Frage dazu:
Wie wollen Sie den Beziehern kleiner Renten erklären, daß deren Renten trotz überproportionale zur Inflationsrate gestiegenen Kosten für Gesundheit, Energie und Lebensunterhalt in den letzten Jahren praktisch keine Erhöhung erfahren haben und die Abgeordneten, die schließlich dafür durch die vom ihnen beschlossenen Gesetze dafür verantwortlich sind, sich in einem Schnelldurchgang eine dramatische Diätenerhöhung genehmigt haben.
Müssen sich diese Diäten aus moralischen und solidarischen Gründen nicht an denen orientieren, von denen Sie gewählt wurden und denen Sie derartige Einkommensverluste auferlegen?
Warum gibt es keine längst überfällige Reform der Renten und Diäten?

Mit freundlichen Grüßen

Stefan Brinkhaus

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Brinkhaus,

in diesen Tagen wird öffentlich über das Einkommen der Abgeordneten diskutiert. Das finde ich sehr gut. Transparenz hat noch niemandem geschadet und wer ein öffentliches Amt wahrnimmt, muss sich Fragen zum Beispiel nach seinem Einkommen gefallen lassen. Ich gehöre im Übrigen zu jenen Bundestagsmitgliedern, die keiner Nebentätigkeit nachgehen. Ich antworte Ihnen daher gerne und schreibe Ihnen meine Meinung zur Höhe der Abgeordnetenentschädigung, den Diäten.

Die Bundestagsabgeordneten erhalten monatlich ein „Gehalt“ von derzeit 7.009 Euro brutto. Diese Abgeordnetenentschädigung ist wie alle Einkommen (Löhne, Gehälter) zu versteuern. Bei der Einführung der Pflegeversicherung in Deutschland wurde vielen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ein Feiertag gestrichen. Da die Abgeordneten jeden Tag Abgeordnete sind, konnte man ihnen natürlich keinen Feiertag streichen, deshalb wurde das ausgezahlte „Gehalt“ reduziert auf aktuell 6.989,80 Euro. Sonderzahlungen wie Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld, ein dreizehntes Monatsgehalt oder ähnliches bekommen Abgeordnete nicht.

Das ist viel Geld. Die Abgeordneten verdienen damit mehr als viele ihrer Wählerinnen und Wähler. Es wäre deshalb auch falsch, wenn sich Abgeordnete darüber beklagten, dass sie zu wenig verdienen. Natürlich sind diese 7.009 Euro weniger als das Monatsgehalt vieler Führungskräfte in der Wirtschaft, den Verbänden, den Gewerkschaften, und dazu muss man gar nicht auf die höchsten Hierarchiestufen schauen. Trotzdem: Kein Abgeordneter leidet an Armut.

Bei der Höhe der Abgeordnetenentschädigung ist vor allem die Frage zu beantworten, was ist angemessen. Was ist angemessen für einen Wahlkreisabgeordneten oder eine Wahlkreisabgeordnete, die beispielsweise in Pforzheim und dem Enzkreis rund 320.000 Bürgerinnen und Bürgern vertreten? Was ist angemessen für jede und jeden der über 600 Abgeordneten, die in unserem Land darüber entscheiden, ob deutsche Soldaten ins Ausland geschickt werden (Beispiel Kosovo, Afghanistan) oder nicht (Beispiel Irak). Was ist angemessen für die Abgeordneten, die über die Zukunft unserer Kranken- und Rentenversicherung, über die Neuausrichtung der Arbeitsmarktpolitik und darüber entscheiden, welche Steuern wir zahlen sollen.

Kritisiert wird vor allem, dass die Abgeordneten selbst über die Höhe von Entschädigung und Altersentschädigung entscheiden. Im Rahmen des geltenden Grundgesetzes ist es nicht möglich, die Entscheidung über die Höhe der Diät auf andere zu übertragen, obwohl auch ich wie viele andere Abgeordnete angesichts der meist kritischen Öffentlichkeit eine solche Übertragung der Entscheidung befürworten. Der Deutsche Bundestag muss nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes selbst über jede Erhöhung der Entschädigung vor den Augen der Öffentlichkeit durch Gesetz entscheiden. Die Entscheidung über die Höhe der Entschädigung kann daher nicht auf eine unabhängige Expertenkommission übertragen oder durch eine automatische jährliche Anpassung in der Höhe der durchschnittlichen Steigerung der Löhne und Gehälter ersetzt werden.

Der Bundesgesetzgeber hat den verfassungsrechtlichen Vorgaben und den Grundsätzen des Bundesverfassungsgerichts bei der Verabschiedung des Abgeordnetengesetzes im Jahre 1977 Rechnung getragen, indem er als Orientierungsgröße für die Entschädigung der Abgeordneten die Bezüge solcher Amtsinhaber, die einer mit den Abgeordneten vergleichbaren Verantwortung und Belastung unterliegen, wählte. Als vergleichbar mit den Abgeordneten, die Wahlkreise mit 200 bis 300 Tausend Wahlberechtigten vertreten, wurden Bürgermeister kleiner Städte und von Gemeinden mit 50 bis 100 Tausend Einwohnern angesehen. In Baden-Württemberg sind dies zum Beispiel Offenburg, Baden-Baden, Esslingen und Schwäbisch-Gmünd. Sie erhalten als kommunale Wahlbeamte auf Zeit eine Vergütung der Besoldungsgruppe B6. Als vergleichbar wurden auch die einfachen Richter bei einem obersten Gerichtshof des Bundes (Bundesgerichtshof, Bundesarbeitsgericht, etc.), die bei der Ausübung ihres Amtes ähnlich wie Abgeordnete unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen sind. Sie erhalten eine Vergütung nach der Besoldungsgruppe R6. Mit der Änderung des Abgeordnetengesetzes im Jahre 1995 wurde der Orientierungsrahmen für die Abgeordnetenentschädigung genau mit einem Zwölftel der Jahresbezüge der Beamtenbesoldungsgruppe B6 und der Richterbesoldungsgruppe R6 vorgegeben. Die Jahresbezüge der vorgenannten Besoldungsgruppen umfassen auch die jährliche Sonderzahlung, das sogenannte Weihnachtsgeld.

Diese Bezugsgrößen wurden bisher nie erreicht. Seit 1. Januar 2003 beträgt die Abgeordnetenentschädigung monatlich 7.009 Euro. Zu den Monatsbezügen der Besoldungsgruppe B6/R6 in Höhe von rund 7.668 Euro (bei Verheirateten, ohne Kinder) besteht derzeit aber immer noch eine Differenz von 659 Euro; das sind 9,4 Prozent. Werden, wie heute im Gesetz vorgesehen, die Sonderzahlungen anteilig berücksichtigt, ist die Differenz sogar noch etwas größer (ca. 900 Euro monatlich).

Es war richtig, dass die Abgeordneten wegen der in den letzten Jahren angespannten wirtschaftlichen Lage die Entschädigung und die Altersentschädigung seit dem Jahre 2003 nicht angehoben haben. Angesichts der positiven wirtschaftlichen Entwicklung ist auch eine Anhebung der Entschädigung möglich und vertretbar. Zugleich soll der berechtigten öffentlichen Kritik an der heutigen Systematik von Entschädigung und Altersentschädigung Rechnung getragen werden. Denn neben der Art und Weise, wie die Höhe der Diäten festgelegt wird, werden vor allem die Höhe des Altersversorgungsanspruches und die Steigerungssätze der Altersentschädigung kritisiert und dass das Modell der Altersversorgung von Abgeordneten weitgehend dem Vorbild der Beamtenversorgung folgt. Im Unterschied zu den Beamten, die meist ein ganzes Berufsleben lang für ihren jeweiligen Dienstherren (Gemeinde, Land, Bundesrepublik Deutschland) tätig sind, gehen Abgeordnete typischerweise vor und nach der Mandatszeit einer Erwerbstätigkeit nach. Anders als den Beamten, die im Alter auf eine Vollversorgung angewiesen sind, stehen ihnen meistens aus dieser Erwerbstätigkeit auch noch andere Versorgungsansprüche zu.

Wir wollen daher die Kritik aufgreifen und folgende Änderungen vornehmen:

1. Absenkung des Altersversorgungsanspruches

Die neuen Versorgungsregelungen sehen eine Abkehr von den bisherigen, sich an der Vollversorgung orientierenden Regelungen der Altersentschädigung in die Richtung einer Lücken füllenden Teilversorgung für die Mitgliedschaft im Parlament vor („Baukastensystem“), die nur einen Teil des Berufslebens der Abgeordneten darstellt.

Derzeit erhält ein Abgeordneter nach dem Ausscheiden aus dem Bundestag für jedes Jahr seiner Mitgliedschaft eine Altersentschädigung in Höhe von 3 Prozent der monatlichen Diät. Das gilt jedoch nur, wenn er mindestens acht Jahre lang Mitglied des Bundestages war. Nach diesen acht Jahren erhält er also 24 Prozent der monatlichen Diät von derzeit 7.009 Euro als Altersversorgung. Zukünftig sollen statt 3 Prozent nur noch 2,5 Prozent pro Jahr der Mitgliedschaft gezahlt werden. Nach acht Jahren im Bundestag erhält ein ehemaliger Abgeordneter dann nicht mehr 24 Prozent der Diät, sondern nur noch 20 Prozent. Dies bedeutet eine Absenkung um 16,7 Prozent.

Der Steigerungssatz der Altersentschädigung, der bis 1995 noch 4 Prozent der Abgeordnetenentschädigung pro Jahr der Mitgliedschaft im Bundestag betrug, wird also von jetzt 3 Prozent weiter auf 2,5 Prozent herabgesenkt. Der Höchstsatz der Altersentschädigung von nunmehr 67,5 Prozent der Abgeordnetenentschädigung wird künftig erst nach 27 und nicht wie bisher bereits nach 23 Mandatsjahren erreicht. (Den Höchstanspruch erwerben aber nur wenige Abgeordnete, da die meisten Abgeordneten dem Bundestag nur zwei bis drei Legislaturperioden angehören). Ein Versorgungsanspruch im Alter entsteht nach dem Konzept der Lücken füllenden Teilversorgung nach dem ersten Jahr der Mitgliedschaft.

Darüber hinaus wird die Anhebung der Altersgrenzen in der gesetzlichen Rentenversicherung („Rente mit 67“) mit der stufenweisen Anhebung der Altersgrenze für die Altersentschädigung von dem 65. Lebensjahr auf das 67. Lebensjahr wirkungsgleich umgesetzt.

Die von uns vorgesehenen neuen Regeln für die Altersversorgung der Abgeordneten entsprechen übrigens dem Vorschlag einer überparteilichen Expertenkommission, der sog. Kissel-Kommission, aus dem Jahre 1993 unter Vorsitz des damaligen Präsidenten des Bundesarbeitsgerichts, Prof. Dr. Otto Rudolf Kissel. Dieser Vorschlag wurde bislang nicht umgesetzt. Das geschieht nun mit dieser Änderung.

Ich persönlich hätte mir auch eine größere Veränderung bei der Altersvorsorge vorstellen können, doch weder war das Nordrhein-Westfälische Modell in der Koalition durchsetzbar noch eine Absenkung auf 2%-Punkte pro Abgeordnetenjahr.

2. Dauerhafter Orientierungsmaßstab für die Entschädigung

Um dem in weiten Kreisen der Bevölkerung verbreiteten Wunsch nachzukommen, dass die Abgeordneten nicht selbst nach unverständlichen Maßstäben über die Höhe der Entschädigung entscheiden sollen und gleichzeitig der Maßgabe des Bundesverfassungsgerichtes zu entsprechen, dass die Abgeordneten eben selbst über ihre Entschädigung entscheiden müssen, soll die Abgeordnetenentschädigung in zwei Schritten an die Vergütung der Bürgermeister von Städten und von Gemeinden mit 50 bis 100 Tausend Einwohnern und der einfachen Bundesrichter angepasst werden, die bereits heute als Orientierungsgröße im Gesetz verankert ist. Sobald die Orientierungsgröße und die Abgeordnetenentschädigung deckungsgleich sind, kann der Bundestag künftig den Wünschen der Bevölkerung und den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes gleichzeitig entsprechen: Eine Anhebung der Entschädigung erfolgt nur, wenn sich die Vergütung der mit den Abgeordneten vergleichbaren Bürgermeister und der Bundesrichter ändert. Und der Bundestag beschließt darüber jedes Mal neu in einem eigenen Gesetz vor den Augen der Öffentlichkeit.

Als Orientierungsgröße für die Abgeordnetenschädigung soll aber künftig nur noch das monatliche Grundgehalt der kommunalen Wahlbeamten und Bundesrichter ohne die anteiligen Sonderzahlungen gelten. Deshalb wird die gesetzliche Orientierungsgröße von „einem Zwölftel der Jahresbezüge“ auf die „Monatsbezüge“ abgesenkt.

Um diese langfristige Orientierungsgröße zu erreichen, soll die Abgeordnetenentschädigung zum 1. Januar 2008 um 330 Euro auf 7.339 Euro und zum 1. Januar 2009 um 329 Euro auf 7.668 Euro angehoben werden. Die Anhebung zum 1. Januar 2008 um 330 Euro entspricht einem Prozent-Satz von 4,7. Dieser Steigerungssatz dürfte dem Anstieg der durchschnittlichen Erwerbseinkommen von 2005 bis Ende des Jahres 2007 entsprechen. Mit der Anhebung um weitere 329 Euro zum 1. Januar 2009, die 4,48 Prozent beträgt, wird die Orientierungsgröße erreicht. Zugleich wird dies mit einer dauerhaften Absenkung des Steigerungssatzes bei der Altersentschädigung verbunden, und selbstverständlich soll die höhere Altersgrenze von 67 Jahren auch für Abgeordnete gelten.

3. Transparenz der Nebeneinkünfte

Ich bin froh, dass der Beschluss der Rot-Grünen Bundesregierung zur Offenlegung der Nebeneinkünfte von Bundestagsabgeordneten nun seit diesem Jahr umgesetzt wird. Denn zur Debatte über die Höhe der Diäten gehört aus meiner Sicht unbedingt auch die Offenlegung etwaiger weiterer Einkünfte. Auf der Homepage des Bundestages www.bundestag.de finden Sie meine Angaben – aber wie bereits festgestellt gehe ich keiner Nebentätigkeit nach.

Ich hoffe, dass wenn in Zukunft die Abgeordnetenentschädigung dauerhaft den Vergütungen der Bürgermeister von Städten und von Gemeinden mit 50 bis 100 Tausend Einwohnern folgt (Landeskommunalbesoldungsverordnung Baden-Württemberg § 2), die für die parlamentarische Demokratie notwendige Akzeptanz für die konkrete Höhe der Entschädigung der Abgeordneten allmählich wächst und deutlich wird, dass die Gesetze des Bundestages zur Entschädigung der Abgeordneten nicht als „Selbstbedienung“ beschrieben werden können.

Ich habe mir erlaubt, Ihnen meine Auffassung etwas ausführlicher darzustellen. Über die Themen Diäten und Altersvorsorge machen sich zu Recht viele Menschen Gedanken. Ich habe ihnen daher gerne meine Meinung dazu dargelegt.

Sie haben einen zweiten Punkt angesprochen, die Erhöhung der Renten. Die Anpassung der Renten richtet sich nach einer Reihe gesetzlich festgeschriebener Kriterien. Seit 2005 wird dabei auch berücksichtigt, wie sich das Verhältnis von Rentnern und Arbeitnehmern entwickelt hat (sog. Nachhaltigkeitsfaktor). Die Große Koalition hat durch steigende Lebenserwartung, längere Rentenbezugszeiten und geringere Geburtenrate wird sich dieses Verhältnis in den kommenden Jahren und Jahrzehnten weiterhin ungünstig entwickeln. Schon heute reichen die Beiträge der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer trotz einer Erhöhung des Beitragssatzes am 1. Januar 2007 von 19,5 auf 19,9 Prozent bei Weitem nicht aus, um die Rentenauszahlungen zu finanzieren. In diesem Jahr werden allein 78 Milliarden Euro aus dem Bundeshaushalt in die gesetzliche Rentenversicherung dazugegeben, dies ist der deutlich größte Einzelposten im Bundeshaushalt. Damit wird die gesetzliche Rente heute bereits zu rund einem Drittel steuerfinanziert. Aus diesen Gründen können die Renten nur geringfügig angehoben werden. Zuletzt wurde am 1. Juli 2007 eine Erhöhung der Renten um 0,54 Prozent vorgenommen. Über eine weitere Anhebung der Renten im nächsten Jahr wird im Frühjahr 2008 entschieden werden.

Ich stehe auch in Zukunft für eine gerechte und solidarische Verteilung der Lasten von Beitragszahlern, Steuerzahlern und Rentnern ein.

Mit freundlichen Grüßen
Katja Mast

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