Frage an Katja Kipping von Frank-Philipp W. bezüglich Soziale Sicherung
Ist die Diskussion um eine Solidaritätsrente nicht bereits eine Diskriminierung von Menschen, die lebenslang gearbeitet haben? mEn müssten grundlegende, zeitgemäße, wirtschaftlich tragbare Reformen her: fixer Rentenbetrag nach Arbeitsjahren im weitesten Sinne, beginnend mit der Grundsicherung entsprechend aufsteigend <- Finanzierung anstatt Einzahlung in Rentenversicherung Investitionen in Mietimmobilien
Das Argument, dass durch eine Bürgerversicherung die Versicherung teurer und schlechter wird ist, ist höchstens für die bisher privilegierten Privatversicherten der Fall, da der normale bereits heute jährlich weniger Leistung erhält (s. Zähne, Augen), monatelanges Warten auf Termine,... . Ist das Leben eines normalen Bürgers weniger wert als das eines Privatversicherungsfähigen? Sollte es nicht Ziel von Politik sein an das heutige Niveau von Privatversicherten anzuheben?
Obwohl es einen sogenannten Verbraucherschutz gibt dürfen in Deutschland Produkte verkauft und beworben werden, die gepunscht, zT mit gesundheitsschädlichen Inhaltsstoffen, bzw. mit geplanter Obsoleszenz. Durch dieses Zulassen wird massiv in den Markt eingegriffen,- zu Lasten redlicher Unternehmer und der Bürger. Wie rechtfertigen Sie diese konzernfreundliche, gesundheitsschädliche Politik? Welche Besserungen des Verbraucherschutzes sind beabsichtigt?
Sehr geehrter Herr W.,
vielen Dank für Ihre Anfrage, in der Sie einige auch für uns zentrale Punkte ansprechen.
Die Diskussion um die Solidarrente ist in der Tat recht eigenartig, wenn damit Konzepte gemeint sind, die langjährig Versicherten eine Altersrente zusichern sollen, die ein paar Euro über der Grundsicherung von durchschnittlich 812 Euro liegt (Juni 2017, mit Unterkunft und Heizung). Wer sein Leben lang gearbeitet und in die Rentenversicherung eingezahlt hat, darf nicht mit Almosen abgespeist werden, die Rente muss für ein materiell abgesichertes Leben ausreichen. Darum machen wir als Linke uns dafür stark, dass die Gesetzliche Rentenversicherung endlich wieder in den Stand gesetzt wird, den Lebensstandard im Alter zu sichern und nicht immer mehr Menschen im Alter auf Grundsicherung angewiesen sind. Darum wollen wir das Rentenniveau wieder auf 53 Prozent anheben Aber Anspruch auf einen menschenwürdigen Lebensstandard haben natürlich nicht nur Menschen Anspruch, die ausreichend verdient haben, um ausreichend hohe Rentenbeiträge einzuzahlen und den größten Teil ihres Erwerbslebens sozialversicherungspflichtig beschäftigt waren. Darum wollen wir Zeiten mit niedrigem Einkommen bei der Berechnung der individuellen Rente aufwerten ("Rente nach Mindestentgeltpunkten"), Ausbildungs-, Erziehungs- und Pflegezeiten stärker berücksichtigen und noch einiges mehr.
Weil jeder und jede Anspruch auf eine materielle Mindestabsicherung hat, machen wir uns darüber hinaus stark für die Solidarische Mindestrente in Höhe von 1050 Euro netto pro Monat. Wer im Alter ein geringeres Einkommen und kein sehr hohes Vermögen hat, erhält einen Zuschuss, der das Alterseinkommen auf 1050 Euro anhebt.
Allerdings wenden wir uns gegen das Modell der Bürgerversicherung bei der Rente, wir zielen vielmehr auf eine Erwerbstätigenversicherung ab. Der Unterschied: bei der Bürgerversicherung würden alle mit ihrem vollständigen Einkommen einzahlen, also auch mit Gewinnen, Zins- und Mieteinnahmen etc. Bei der Erwerbstätigenversicherung dagegen würden alle Erwerbstätigen entsprechend ihrem Erwerbseinkommen einzahlen, also wie gehabt ArbeitnehmerInnen entsprechend ihrem Lohn, aber auch Beamte, PolitikerInnen, Selbstständige, RichterInnen etc., jeweils mit ihrem Arbeitseinkommen.
Der Grund für diese Unterscheidung ist relativ simpel: Die Rente soll klassischerweise das im Alter wegfallende Arbeitseinkommen ersetzen. Zins- und Mieteinnahmen und ähnliches fallen aber im Alter in der Regel nicht weg, warum also sollte ergänzend zu diesem weiter fließenden Einkommen noch Rente ausgezahlt werden, die ausfallendes Einkommen ersetzen soll? Darüber hinaus müssten dann auch RentnerInnen, wenn sie zum Beispiel Mieteinnahmen erzielen, auf diese Mieteinnahmen Rentenbeiträge zahlen.
Anders bei der Gesundheitsversorgung. Da ist aus unserer Sicht die Solidarische Gesundheitsversicherung (Bürgerversicherung) notwendig und sinnvoll - und Sie haben völlig Recht: die Versorgung wird sich verbessern, die Beiträge werden sinken. Das bestätigt auch der Bremer Gesundheitswissenschaftler Professor Heinz Rothgang in einer für uns angefertigten Studie: https://www.linksfraktion.de/fileadmin/user_upload/Publikationen/Sonstiges/Solidarische_Gesundheits-_und_Pflegeversicherung__Mai_2017.pdf
Zu Ihrer Frage zum Thema Verbraucherschutz:
Ich gebe Ihnen Recht in Ihrer Aussage, dass die politisch Verantwortlichen vor allem eine Politik für die Großkonzerne machen. Sie lässt zu viele Lücken und Ausnahmen zu, die redlichen Unternehmen und Verbraucher*innen gleichermaßen schaden. Ob Zusatzstoffe in Lebensmitteln oder sonstige Materialien die Gesundheit gefährden können, entscheidet das Bundesinstitut für Risikobewertung aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnisse. Problematisch ist dabei jedoch, dass die unabhängige Forschung durch den Staat kaum stattfindet. Auch kann bis heute den Herstellern geplante Obsoleszenz nicht nachgewiesen werden.
Offensichtlich ist jedoch, dass die Unternehmen in vielen Bereichen billiges Material oder billige Inhaltsstoffe nutzen, um höhere Gewinne zu erwirtschaften. DIE LINKE will, dass die unabhängige Risikoforschung gestärkt wird und nur solche Zutaten oder Inhaltsstoffe in ein Lebensmittel oder Produkt kommen dürfen, die keine Gesundheitsschäden verursachen. Für dieses konsequente Vorsorgeprinzip streitet DIE LINKE. Dafür müssen die Unternehmen stärker in die Verantwortung genommen und die staatlichen Kontrollen gestärkt werden. DIE LINKE möchte außerdem die Hersteller verpflichten, dass ihre Produkte länger nutzbar sein müssen. Dafür muss die Herstellergarantie verlängert werden.
Beste Grüße
Katja Kipping