Frage an Katja Kipping von Tom B. bezüglich Kultur
Sehr geehrte Frau Kipping,
Es gibt schon seit ein paar Monaten ein Problem, bei Leuten die über die Plattform Twitch livestreamen, also Bsp. Spiele live spielen und sich nebenbei über einen Chat mit den Leuten unterhalten. Zwei Nutzer haben jetzt von der Landesmedienanstalt NRW Abmahnungen bekommen, weil sie jetzt urplötzlich eine Rundfunklizenz haben müssen wenn sie regelmäßig streamen (außerdem noch einen Jugendschutzbeauftragten und einen Programmdirektor. Es macht nur leider garkeinen Sinn weil der Rundfunkvertrag sich ja auch das Fernsehen bezieht. Ich wollte sie Frage ob sie oder ihre Partei generell dieses Problem auf dem Schirm haben?
Herzliche Grüße,
Ein begeisterter Linker
Lieber Tom Bendlin,
vielen Dank für die Nachricht und diese wichtige Frage. Ja, ich habe von dem Fall in NRW gehört. Es ist ein wirkliches Ärgernis, zumal das zu Grunde liegende Problem seit mehr als einem Jahrzehnt ungelöst ist. Die Medienanstalten haben schon vor vier Jahren geprüft, ob ein damals geplanter Live-Chat mit Angela Merkel nach dem Gesetz nicht einer Rundfunklizenz bedarf. Menschen, die Live-Web-TV oder Live-Casts produzieren, haben in Einzelfällen immer mal wieder Bescheide von den Landesmedienanstalten erhalten. Das absurde Kriterium von 500 möglichen EmpfängerInnen wurde zudem von einer konservativen Regierung in den RStV eingefügt. Wenn jetzt plötzlich der CDU-Generalsekretär in seinem Blog auch das Problem entdeckt, kann man nur mit einem herzlichen (und leicht resignierten) „Guten Morgen” grüßen.
Wie Sie richtig beschreiben, werden unter bestimmten Bedingungen Anbieter von redaktionell betreuten Liveangeboten als Rundfunkanbieter gewertet. Das zieht dann eine Lizenzpflicht nach sich. Die Lizenzpflicht hatte und hat aus meiner Sicht für alle jene Medien einen Sinn, deren technische Struktur nur eine begrenzte Anzahl von Rundfunkanbietern zulassen. Auf den verschiedenen Frequenzbändern, die für den Rundfunk genutzt werden, können nun mal nur eine bestimmte Anzahl von Radio- oder Fernsehsendern ihr Programm anbieten. Zudem sind die Einstiegshürden durch die Kosten für Rundfunk- und Sendetechnik sehr hoch. Hier ist es durchaus sinnvoll, dass die Landesmedienanstalten für Medien- und Meinungsvielfalt sorgen. Aus unserer Sicht im Übrigen auch dadurch, dass mehr Lizenzen an freie Radios und Bürgerfunkprogramme vergeben werden. Aber das ist noch mal eine andere Frage.
Für digitale Plattformen wie Twitch, für Web-TV oder auch für redaktionell betreute Live-Chat-Angebote, die ohne große Hürden und ohne den Ausschluss anderer Anbieter möglich sind, ist die verwendete Rundfunkdefinition nicht sinnvoll und erfüllt das gewünschte Ziel des Erhalts der Medienvielfalt nicht. Im Gegenteil, sie schränkt diese sogar ein. Andere Ziele wie Jugendschutz, Impressums- und Sorgfaltspflicht lassen sich auch ohne die Lizenzpflicht regeln bzw. sind es bereits.
Es ist höchste Zeit, dass die Landesregierungen an dieser Stelle den Rundfunkstaatsvertrag überarbeiten. Von daher kann ich nur dazu ermutigen, die jeweiligen für Medien zuständigen Landesminister immer wieder an dieses bestehende Ärgernis zu erinnern.
Viele Grüße
Katja Kipping