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Frage von Jan D. •

Frage an Katja Kipping von Jan D. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

Tach Frau Kipping.

Mal ein anderes Thema, was Sie persönlich als Mutter auch betrifft.

Was halten Sie bzw. der Bundesvorstand von Frühsexualisierung? Insbesondere würde mich ein Bezug auf den Thüringer Bildungsplan von Null bis 18 Jahre interessieren. Man sollte in diesen Bildungsplänen das Thema der sexuellen Aufklärung von Minderjährigen in einem engeren präzisen Rahmen setzen. D.h., exakte Fakten über Wann?, Was?, Wie? etc. mit einbringen, um Eltern die Ängste zu nehmen. Sehen Sie bzw. Ihre Partei das ähnlich?

DuG Jan Duewel

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DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Duewel,

vielen Dank für Ihre Fragen. Um diese sinnvoll beantworten zu können, ist es hilfreich, sich zunächst darüber zu verständigen, was ich ganz allgemein von schulischen und außerschulischen Bildungseinrichtungen erwarte.

Nach meiner Auffassung sollen sie nur Orte des individuellen und kollektiven Erwerbs von geistigen, körperlichen und sozialen Kenntnissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten sein. Schule und außerschulische Bildungseinrichtungen sollen Kindern und Jugendlichen ermöglichen, sich in der Welt zu orientieren, zu reflektieren und einen eigenen Standpunkt in ihr zu finden.

Eine moderne Pädagogik geht dabei vom Individuum aus und stellt Ressourcen zur Verfügung, die Lernen und kritische Reflektion ermöglichen. Das heißt, Bedürfnisse und Grenzen des Individuums, also des Kindes oder der Jugendlichen, sind entscheidend für die pädagogische Arbeit. Bedenken einzelner Eltern sind ernst zu nehmen und zu diskutieren. Maßstab in der pädagogischen Arbeit sind aber die Kinder und Jugendlichen selbst.

Wenn Bildungseinrichtungen ein Ort sein sollen, in denen Kinder und Jugendliche in einem geschützten Raum über die Frage sprechen können, die sie beschäftigen, gehören auch Fragen über Sexualität, Liebe, Emotionalität und den eigenen Körper dazu. Bildungspläne sind dazu da, einen solchen geschützten Rahmen zu ermöglichen und Kriterien für eine professionelle pädagogische Arbeit bereitzustellen.

Mit dem Begriff der „Frühsexualisierung“, der als Kampfbegriff von AfD, der rechten Postille Junge Freiheit und christlich-fundamentalistischen Lobbygruppen verwandt wird, soll versucht werden, einen solchen professionellen Rahmen zu verhindern. Mit dem Begriff wird denunziert, dass Lebensentwürfe jenseits der Ehe im Unterricht thematisiert werden. Aus Sicht dieser ultrakonservativen Lobbygruppen sollen Trans- und Homosexualität, Elternschaft Alleinerziehender und nichttraditionelle Geschlechterrollen als Thema aus dem Unterricht ausgeklammert werden. Begründet wird dies mit dem Erziehungsrecht der Eltern, oder eben indem behauptet wird, dass eine Umerziehung von Kindern und Jugendlichen geplant sei. Ich bin der Meinung, dass Kampfbegriffe wie Frühsexualisierung eine seriöse Diskussion über eine altersadäquate und individuell angemessene Thematisierung von Sexualität, Körperlichkeit und Geschlechterrollen verhindern. Wegen seines suggestiven Gehalts halte ich daher von dem Begriff nichts.

Bildungspläne sind dazu da, einen pädagogischen Rahmen abzustecken. Sie sollen nicht dazu dienen festzuschreiben, an welchem Datum über welches Thema gesprochen wird. Das würde genau dazu führen, dass PädagogInnen nicht auf den Entwicklungsstand der jeweiligen Kinder- und Jugendlichen eingehen können. Bildungspläne können lediglich Themen, Zeiträume und Methoden benennen.

Dem Bedürfnis der Eltern zu wissen, womit sich ihre Kinder in der Schule beschäftigen, wird man am ehesten dadurch gerecht, dass ein enger Kontakt und ein Austausch von Erziehungsberechtigten zu den Bildungseinrichtungen und den dort tätigen PädagogInnen ermöglicht wird, nicht indem ein möglichst starres und unflexibles Lehrkonzept übergestülpt wird.

Freundliche Grüße
Katja Kipping