Frage an Katja Dörner von Andreas R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Dörner,
in englischsprachigen Staaten ist es längst gang und gäbe, bei Stellenbewerbungen auf Bewerbungsfotos zu verzichten. Denn: Es zeigt sich immer wieder, dass Menschen mit Migrationshintergrund dadurch geringere Chancen haben. Bekannt ist z.B. eine Studie, über die im Spiegel berichtet wurde ( http://www.spiegel.de/karriere/bewerbungen-muslimische-frauen-mit-kopftuch-haben-es-schwer-a-1113042.html ). Frauen mit Kopftuch wurden seltener eingeladen als ohne. Frauen mit türkischklingendem Namen seltener als mit deutschem Namen. Ein Freund von mir, perfekt integriert, aber mit nordafrikanischem Nachnamen, hat es selbst erlebt. Er hat trotz Doktorgrad extrem lange suchen müssen, bis er eingeladen wurde. Bei seinen Promotionskollegen, auch mir, ging es deutlich schneller. Nur Zufall?
Doch es gibt auch andere Formen der Diskriminierung: Die Diskriminierung aufgrund der Hautfarbe, des Geschlechts, des Alters. Auch hier sind die englischsprachigen Staaten weiter. So ist es in den USA unzulässig, sich bei Bewerbungen auf öffentliche Stellen mit Foto und Altersangaben zu bewerben. In Frankreich wird sogar die anonyme Bewerbung diskutiert. Und inzwischen besteht aufgrund von Online-Bewerbungstools längst die technische Voraussetzung dafür, eingegangene Bewerbungen automatisiert nur dann zu akzeptieren, wenn sie keinen Aufschluss auf derartige Merkmale enthalten..
Meine Frage an Sie: Wird es mit den Grünen endlich eine anonyme Bewerbung geben? Unternehmen, zumindest ab einer bestimmten Grösse sollten dann nur noch Personen einstellen dürfen, deren Bewerbungen anonymisiert eingehen.
Mit freundlichen Gruessen
Andreas Reichhardt
Sehr geehrter Herr R.,
Herkunft, Hautfarbe, Behinderung, Alter, Religion, sexuelle Identität und Geschlecht dürfen bei Bewerbungsverfahren keine Rolle spielen. Die Realität sieht leider anders aus, denn gerade hier gibt es noch immer nachweislich Diskriminierung, so wie auch Sie sie beschreiben. Darum haben wir Grüne im Bundestag das Modelprojekt der Antidiskriminierungsstelle des Bundes zu anonymisierten Bewerbungsverfahren sehr begrüßt. Angesichts der positiven Ergebnisse des Projekts setzen wir uns dafür ein, dass das Verfahren im öffentlichen Dienst eine größere Verbreitung findet und auch in weiteren Unternehmen eingeführt wird.
Mit freundlichen Grüßen
Katja Dörner