Frage an Katja Dörner von Daniel B. bezüglich Recht
Hallo Frau D.,
Untersuchungsausschüsse waren vielleicht vor 30 Jahren ein probates Mittel, als beim Lügen oder Betrügen ertappt zu werden einen Rücktritt als Konsequenz hatte. In unserer jetzigen Zeit gab es mehr als genug UAs, die extrem wichtige Themen beleuchtet haben (NSU, NSA, Maut etc.). Aus der Berichterstattung geht genügend Information hervor, dass die meisten betroffenen Zeugen sich an einer Vertuschung beteiligen und den UA belügen, bzw. behaupten, dass Sie sich an nichts mehr erinnern können.
Da sich solche Menschen nicht mehr schämen so tief zu sinken und freiwillig die Konsequenz ziehen, haben wir es nun mit einer Riege an Machthabern zu tun, die auf gesamter Linie ihren Amtseid verletzen können, das massenhaft das Grundgesetz brechen und ungescholten davon kommen, bis sie nach oben befördert werden.
Für Wähler, die die letzten UAs mitverfolgt haben verfestigt sich eine neue Wahrheit:
1) Politiker sind nur für ihren Erfolg verantwortlich, niemals für ihr Versagen.
2) Wenn selbst das Grundgesetz gebrochen wurde, gibt es weder Konsequenzen noch Verantwortliche, sondern das Gesetz wird angepasst, dass die illegalen Handlungen dann legal sind (NSU/NSA).
3) Unfähigkeit, Dreistigkeit und Unehrlichkeit werden belohnt und scheinen Grundvoraussetzung für eine politische Karriere (Andi Scheuer).
4) Dass man alles über Schwärzungen vertuschen kann, ohne einer Prüfung auf rechtmäßigkeit der Geheimhaltung. Ich fände es auch toll bei einer Steuerprüfung meine Kontoauszüge selber schwärzen zu können weil.... äh... Geschäftsgeheimnis ne?
Zu oft werden Abgeordnete zu neuen Polizeigesetzen mit Expertenmeinung konfrontiert, nur um die gleiche Aussage zu erhalten: "Wir sehen das anders."
Dieses anti-intellektuelle Verhalten gehört in Volksparteien zur Grundhaltung in jeder Sicherheitsfrage und alles zusammen fördert bei mir persönlich die absolute Politikverdrossenheit.
Hier ist meine Frage: Was würden Sie tun um diesen Umstand zu ändern (Im Falle einer Regierungsbeteiligung der Grünen) und wie realistisch sehen Sie die Chancen, dass eines Tages ein UA wirklich Konsequenzen mit sich bringt und von den Betroffenen ernst genommen wird?
Vielen Dank für Ihre Antwort!
Sehr geehrter Herr Bolt,
vielen Dank für Ihre Email, in der Sie die Wirksamkeit von Untersuchungsausschüssen der letzten Jahre in Frage stellen. Sicherlich kann die Untersuchungsarbeit bisweilen zäh sein, vor allem wenn die Bundesregierung und die den Ministerien nachgeordneten Behörden die Aufklärung erschweren, beispielsweise durch eine schlechte Aktenlieferungsmoral oder weitgehende und nicht begründete Schwärzungen. Trotz aller Schwierigkeiten sind wir jedoch davon überzeugt, dass Untersuchungsausschüsse eine einen wichtigen Beitrag zu mehr Transparenz und Aufklärung leisten. Zudem muss ich Ihnen klar widersprechen, dass Sanktionen nicht vorgesehen seien. Wer im Untersuchungsausschuss falsch aussagt, dem droht eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren. Außerdem arbeiten Untersuchungsausschüsse auch strukturelle Defizite beim Staat und seinen Behörden auf.
Sie fragen, was wir als Grüne mit Blick auf die Untersuchungsausschüsse ändern würden, wenn wir an der Regierung beteiligt wären. Zunächst einmal ist es mir wichtig zu sagen, dass Untersuchungsausschüsse vom Parlament ausgehen müssen, daher sollten Reformprozesse auch immer vom Parlament und den dort vertretenen Fraktionen angestoßen werden. An einer Reformdebatte würden wir uns sicher mit eigenen Vorschlägen beteiligen, die geeignet sind, das Parlament gegenüber der Bundesregierung zu stärken, da gibt es immer noch Optimierungsbedarf. Aber auch in der aktuellen Form lässt sich in Untersuchungsausschüssen einiges erreichen und das sage ich als Vertreterin der Bundestagsfraktion, die viele Untersuchungsausschüsse der letzten Jahre initiativ mit auf den Weg gebracht hat. Am Ende werden dem Parlament Empfehlungen vorgelegt, viele davon fraktionsübergreifend und es liegt dann in der Hand der Akteure, diese Empfehlungen umzusetzen was je nach parlamentarischer Mehrheit mal besser und mal schlechter gelingt.
Wenn Sie Interesse an Details und konkreten Untersuchungsgegenständen der letzten Jahre haben, kann ich Ihnen gerne entsprechende Kontakte in die jeweils damit befassten Abgeordneten-Büros vermitteln
Mit freundlichen Grüßen
Katja Dörner