Frage an Katja Dörner von Simon M. bezüglich Verkehr
Sehr geehrte Frau Dörner,
da Sie großartiger weise selbst in Ihrem Büro in der Bonner-Altstadt mehrere FREIFUNK-Knoten betreiben und damit jedem in Reichweite freien Zugang zum Internet ermöglichen und das ohne WLAN-Passwort, ohne Personenzugangskontrolle, wird es sie vielleicht Interessieren, dass sich zur Zeit ein Gesetzesentwurf(§8 TMG-RefE) der Bundesregierung im Umlauf befindet, der dies verbieten will.
Werden Sie sich für eine Änderung dieses Gesetzesentwurfs stark machen und mithelfen das Projekte wie Freifunk nicht abgeschaltet werden müssen?
Details zum Thema sind zu finden unter:
http://freifunkstattangst.de/2015/03/05/tmg-gesetzesentwurf-wuerde-zu-mehr-rechtsunsicherheit-und-negativen-effekt-auf-die-verbreitung-von-funknetzwerken-fuehren/
Herzliche Grüße,
Simon Müller
(Nachbar ihres Bonn-Altstadt Büros)
Sehr geehrter Herr Simon, vielen Dank für Ihre Frage. Natürlich werde ich das!
Um es kurz zu machen: Alle im Vorfeld geäußerten Befürchtungen sind mit dem nun vorgelegten Gesetzentwurf tatsächlich eingetroffen. Und: Dieser Entwurf wird letztendlich niemandem helfen. So fällt die bisherige Kommentierung – zu Recht – verheerend aus. Selbst die Abgeordneten der Großen Koalition machen keinen Hehl daraus, dass sie die Vorlage der Bundesregierung für völlig verfehlt halten – ein schon bemerkenswerter Vorgang.
Den Entwurf der Bundesregierung haben wir öffentlich scharf kritisiert. Wer noch einen Beweis brauchte, dass die Bundesregierung mit den Herausforderungen des digitalen Wandels überfordert ist, hat ihn heute geliefert bekommen. Der Vorschlag der Bundesregierung geht in die völlig falsche Richtung. Im Bundestag werden wir in den nächsten Wochen und Monaten alles daran setzen, dass sich die Regierungsfraktionen auf die seit langem vorliegenden gesetzlichen Vorschläge der Opposition besinnen und letztendlich eine Änderung des Telemediengesetzes vornehmen, die kein netzpolitisches Rollback darstellt.
Mit dem nun vorgelegten Entwurf behebt die Bundesregierung die seit Jahren bestehende Rechtsunsicherheit bei Funknetzen nicht. Im Gegenteil: Während offene Netze überall auf der Welt längst Standard sind, baut die Große Koalition weitere Zugangsbarrieren auf. Das ist absurd! Kommerzielle Anbieter werden verpflichtet, ihre Netze zu sichern, unter anderem durch „anerkannte Verschlüsselungsverfahren“. Zudem sollen Nutzer durch das Setzen eines Häkchens versichern, keine illegalen Handlungen vollziehen zu wollen. Der schnelle Bezahlvorgang an der Supermarkt-Kasse über Mobile-Payment-Modelle wird damit verhindert.
Private Anbieter sollen sogar verpflichtet werden, eine namentliche Registrierung ihrer Nutzer zu verlangen. Eine solche Verpflichtung kennen wir bisher nur aus autoritären Ländern. Sie erinnert stark an Debatten um ein „Vermummungsverbot“ im Internet, die wir längst überwunden glaubten. Die Bundesregierung, die in ihrer Digitalen Agenda verspricht, die Anonymität im Netz auszubauen, geht auch hier in die exakt andere Richtung: Statt die Chancen einer größeren Verbreitung von freien Funknetzen zu begreifen, sieht sie WLAN-Netze als „Einfallstor für anonyme Kriminalität“.
Eine steigende Verbreitung von Netzanbindungen durch Privatpersonen und Freifunkinitiativen, die ihren Anschluss bereitwillig mit anderen teilen, wird so blockiert. Damit konterkariert die Bundesregierung ihre Ausbauziele beim schnellen Internet. Vor allem Freifunk kann ein Mittel sein, Menschen digitale Teilhabe zu ermöglichen.
Mit freundlichen Grüßen
Katja Dörner