Frage an Katja Dörner von Joachim O. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Dörner,
wie bewusst ist eigentlich den Kandidaten/Abgeordneten,dass unser Grundgesetz durch die aktuelle Politik (Exekutive) immer weiter ausgehöhlt wird?
Ein Beispiel ist Art 87 b GG. Danach wird die Bundeswehrverwaltung... mit egenem Verwaltungsunterbau geführt. Inzwischen werden jedoch Streitkräfte und Verwaltung im Zuge der Neuausrichtung immer weiter vermischt in ziv/mil Behörden, gemeinsamen Dienstposten für Soldaten bzw. zivile Beschäftigte bis hin zur Verlagerung von Funktionen an Bundesbehörden anderer Ressorts. Wäre es dann nicht ehrlich, das GG entsprechend anzupassen, statt die Schere zwischen "Vorschrift" und Wirklichkeit immer weiter auseinanderklaffen zu lassen?
Mit freundlichen Grüßen
J. Otto
Sehr geehrte Herr Otto,
vielen Dank für Ihre Frage.
Die verfassungsrechtliche Trennung zwischen Streitkräften und Wehrverwaltung halten wir nach wie vor für sinnvoll, denn sie ist Ausdruck des Primats der Politik. Eine gewisse Verschränkung von Wehrverwaltung und Streitkräften lässt der Artikel 87 des Grundgesetzes aber zu, wenn diese für eine wirksame Aufgabenerfüllung der Bundeswehr unerlässlich ist. Dabei muss es darum gehen, übermäßige Doppelstrukturen und ein gegenseitiges Behindern von Wehrverwaltung und Streitkräften zu verhindern. Wie weit diese Verschränkungen gehen, muss jedoch in jedem Fall kontinuierlich Gegenstand parlamentarischer Kontrolle sein. Entscheidend ist, dass die Dienstposten der Wehrverwaltung mehrheitlich zivil besetzt bleiben. Die von Ihnen angesprochenen Wechseldienstposten und die Auslagerung von Aufgaben der Wehrverwaltung an andere Ressorts wurden durch die schwarz-gelbe Bundesregierung im Zuge der Bundeswehrreform geschaffen. Im Zuge des parlamentarischen Beratungsprozesses über das Bundeswehrreform-Begleitgesetzes fand auch mit diesen Elementen der Bundeswehrreform eine kritische Auseinandersetzung statt, bei der wir sehr gezielt nachgefragt haben. Verschiedene Staatsrechtler sahen die Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz als gegeben an. Wir hätten dennoch eine bereitere öffentliche Debatte über diese Änderungen für wünschenswert gehalten. Anlass für eine Verfassungsänderung sehen wir nicht.
Mit freundlichen Grüßen
Katja Dörner