Frage an Katja Dörner von Achim Z. bezüglich Wirtschaft
Liebe Frau Dörner,
in Ergänzung zu meiner Frage vom 13.11. d.J. und aus aktuellem Anlaß der jetzt anstehenden erneuten Entscheidung zur Finanzierung der Griechenlandhilfe, die uns jetzt nicht nur Kredite sondern echtes Geld kosten wird [siehe auch Berichterstattung unter http://www.sueddeutsche.de/politik/griechenlands-rettung-hoeher-schneller-bundestag-1.1534496 ]
Ist das auch alles wieder "alternativlos"? Alle bisher auch von den Grünen "durchgewinkten" Entscheidungen zu ESM, Fiskalpakt und Griechenlandrettung waren schon fast am nächsten Tag wieder Makulatur bzw. überholt und nur durch Mißachtung darin getroffener "verbindlicher" Regeln zu "heilen".
Wie lange wollen Sie das noch mitmachen bzw. vor Ihrem Gewissen als unabhängige Volksvertreterin verantworten? Wann werden die Grünen mit einem grundlegenden Paradigmenwechsel ihrer Finanz- und Wachstumspolitik den erforderlichen gesellschaftspolitischen Systemwandel einleiten? Oder geht es nur noch um Pfründe und Teilhabe an der Macht?
beste Grüße
Achim Zickler
Lieber Achim Zickler,
vielen Dank für Ihre Frage. Bitte entschuldigen Sie die späte Antwort.
Ich bedaure sehr, dass Sie den Eindruck haben, die Grünen würden in der Europapolitik keine eigenen Standpunkte vertreten und Entscheidungen nur durchwinken. Dies ist jedoch nicht der Fall.
Wir Grünen sind der Auffassung, dass Lösungsansätze wie der ESM sinnvoll sind. Der ESM ist ein wichtiger Baustein, um die Eurozone langfristig zu stabilisieren. Wir unterstützen den ESM, weil er ein zentrales Prinzip beinhaltet: Es gibt nur Hilfe gegen Auflagen. Diese Konditionierung bedeutet, dass der ESM nur greift, wenn die hilfebedürftigen Mitgliedsstaaten vorab getroffene Vereinbarungen auch sicher einhalten. Außerdem werden die Kredite nur dann vergeben, wenn der Empfänger seine Schulden auch tatsächlich tragen kann. Das wird in einer sogenannten Schuldentragfähigkeitsanalyse überprüft. Durch das ESMFinG wird außerdem die haushaltspolitische Verantwortung des Deutschen Bundestages sichergestellt.
Im Gegensatz zu Schwarz-Gelb bekennen wir uns eindeutig dazu, dass ohne gemeinsame Gewährleistungen ein Ausweg aus der Krise nicht möglich ist. Die Koalition hat mit ihrem zögerlichen Verhalten bisher nur erreicht, dass der größte Teil der Krisenstrategie momentan durch die EZB ausgeführt wird. Dadurch werden de facto Risiken aus den Nationalen Haushalten auf die EZB verlagert. Hinter der EZB stehen am Ende jedoch dieselben europäischen Steuerzahler. Somit ist die Bundesregierung nicht ehrlich gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern, wenn sie behauptet, sie sei gegen eine Vergemeinschaftung von Schulden. Diese gibt es bereits.
Wir Grüne halten eine verantwortungsvolle – und das heißt für uns insbesondere eine nachhaltige - Haushaltspolitik für unabdingbar und setzen uns in Deutschland wie in Europa dafür ein, die Besteuerung auf hohe Vermögen und Einkommen, auf Finanztransaktionen und Ressourcenverbrauch zu erhöhen und unterschiedliche Subventionen abzubauen. Mit unserem Konzept der Vermögensabgabe, die hohe Vermögen an den Kosten der Krise beteiligen soll, machen wir einen Vorschlag, wie die Kosten der Finanzkrise ausgeglichen werden sollen.
Wir Grünen fordern des Weiteren im Gegensatz zur Regierung die Einrichtung eines Schuldentilgungsfonds nach Vorschlag des Sachverständigenrates der Bundesregierung, welcher eine echte und langfristige Perspektive für den Schuldenabbau in Europa beinhaltet, anstatt nur die akutesten Brände löschen zu wollen.
Deutschland allein hat in einer globalisierten Welt auf Dauer kein Gewicht – um politischen Handlungsspielraum zurückzugewinnen brauchen wir eine handlungsfähige und starke Europäische Union. Diese zu bewahren und dort Verbesserungen vorzunehmen wo es nötig erscheint ist die Grundbedingung unseres politischen Handelns.
Viele Grüße
Katja Dörner