Frage an Katja Dörner von Christa B. bezüglich Senioren
Sehr geehrte Frau Dörner,
mit großem Interesse habe ich der örtlichen Presse entnommen, dass Sie ein 6 stündiges Praktikum in einen Pflegestift in Bonn, Bad Godesberg/Mehlem absolviert haben. Dabei konnten Sie sich über die körperlich und psychisch belastenden Arbeitsbedinungen und die qualifizierte inhaltliche Arbeit der Altenpflegekräfte infomieren.
Meine Fragen an Sie:
1. Wie gedenken Sie die Attraktivität dieses Berufes zu gestalten (siehe demografische Entwicklung) um junge Menschen dauerhaft für diesen körperlich und psychisch belastenden Beruf zu interessieren?
2. Was gedenken Sie zu tun, um der Abwanderung (s. Statistik über Verweildauer der Fachkräfte in der Altenpflege) der augenblicklich tätigen Fachkräfte in der Altenpflege entgegen zu wirken?
3. Was kann nach Ihrer Meinung von seitens der Politik getan werden diesen Beruf so zu gestalten, dass eine Berufstätigkeit auch bis ins festgesetzte Rentenalter (67 Jahre oder länger) möglich wird?
Ich bedanke mich bereits jetzt für Ihre Bemühungen und verbleibe
mit freundlichem Gruß
Christa Becker-Müller
Pflegedienstleiterin
Sehr geehrte Frau Müller-Becker,
uns Grüne beschäftigt das Thema der Arbeitsbedingungen und der zunehmenden Personalknappheit im Pflegesektor sehr. Ganz zweifellos muss hier dringend etwas passieren – darüber dürfte partei- und fraktionsübergreifend Einigkeit herrschen. Wir hoffen daher sehr, dass die Ankündigung der schwarz-gelben Koalition, 2011 werde zum „Jahr der Pflege“, bald wahr gemacht wird, nachdem davon bereits über ein halbes Jahr tatenlos verstrichen ist.
Auch wir Grüne bearbeiten das Thema intensiv. So haben wir im vergangenen Oktober eine große Fachtagung mit dem Titel "Zukunft der Pflege – Was können wir gegen den Personalmangel tun?" veranstaltet. Einen ausführlichen Bericht und die Statements der eingeladenen ExpertInnen können Sie bei Interesse hier einsehen: http://www.gruene-bundestag.de/cms/pflege/dok/358/358595.zuwanderung_allein_wirds_nicht_richten.html
Weitere Texte und Positionen zur grünen Pflegepolitik, auch zu diesem Thema, finden Sie hier: http://www.gruene-bundestag.de/cms/pflege/rubrik/12/12187.pflege.html
Unter anderem wurde bei der Veranstaltung im Oktober sehr deutlich, dass das Problem nur durch ein Bündel von Maßnahmen und durch das Engagement aller Akteure behoben werden kann. Dazu gehören unter anderem:
- die aktive Beeinflussung von Pflegebedürftigkeit durch Prävention, Gesundheitsförderung und Rehabilitation, durch den Abbau von Über-, Unter- und Fehlversorgung;
- die Steigerung der Berufszufriedenheit, zum Beispiel durch weniger Bürokratie und Schaffung überschaubarer Pflege- und Betreuungsformen;
- die Verbesserung der Arbeitsbedingungen, bspw. durch die Förderung betrieblicher Gesunderhaltung.
- eine gemeinsame europäische Strategie zur Gewinnung von Personal, die nicht nur Pflegekräfte aus anderen Ländern abzieht sondern eine Win-Win-Situation herstellt.
- die Steigerung der Attraktivität der Pflegeausbildung durch ein durchlässiges Aus- und Weiterqualifizierungssystem für einen unbürokratischen Berufsein- und Aufstieg;
- Monitoring zur regionalen Erfassung des derzeitigen und künftigen Pflegepersonalbedarfs als Grundlage zur Einführung einer Umlage;
- neue Formen der Arbeitsorganisation und Kooperation, die zur besseren Versorgung beitragen und den Einzelnen entlasten;
- Kooperationen zwischen den professionellen und nicht-professionellen Akteuren im Sinne eines Hilfe-Mix, damit Verantwortung auf mehrere Schultern verteilt wird.
Der Gesetzgeber hat hier seinen Anteil zu leisten und muss die Rahmenbedingungen, soweit gesetzgeberisch möglich, dringend verbessern, bspw. durch eine gesicherte Finanzierung der Erstausbildung und Umschulung oder durch ein Monitoring zur regionalen Erfassung des derzeitigen und künftigen Pflegepersonalbedarfs sowie ein verbindliches Personalbemessungsinstrument. Aber auch die Einrichtungen/Dienste und Pflegekräfte selbst sind gefragt. Viele gute Beispiele aus der Praxis zeigen, dass auch unter denen zweifellos verbesserungswürdigen Bedingungen Einrichtungen und Dienste durchaus in der Lage sind, gute Arbeitsbedingungen zu schaffen und ausreichend Personal zu beschäftigen. Meist stecken dahinter ein gutes Management und innovative Ideen etwa bei Arbeitszeit- und Dienstplangestaltung u.v.m. Von solch guten Beispielen müssen wir lernen.
In diesem Zusammenhang wird derzeit auch sehr lebhaft und kontrovers über eine Reform der Pflegeausbildung(en) debattiert. CDU/CSU und FDP haben in ihrer Koalitionsvereinbarung festgehalten, dass sie „[…] die Pflegeberufe in der Ausbildung durch ein neues Berufsgesetz grundlegend modernisieren und zusammenführen […]“ wollen. Auf die Eckpunkte geschweige denn einen Gesetzentwurf der Regierung warten wir noch immer. Wir sehen das Vorhaben einer kompletten Zusammenführung (Generalisierung) der bisherigen drei Pflegeberufe sehr skeptisch und haben uns daher in einem Fraktionsbeschluss vom März für einen anderen Weg ausgesprochen. Auch dazu können Sie bei Interesse hier mehr erfahren: http://www.gruene-bundestag.de/cms/pflege/dok/376/376508.gruenes_reformkonzept_fuer_pflegeausbild.html
Ich weiß, dass dieses Thema damit längst nicht erschöpft ist. Ich kann Ihnen aber versichern, dass die Grünen sich selbstverständlich weiter für die Pflegeberufe einsetzen werden.
Um mit den Verbänden und Berufstätigen weiter im intensiven und direkten Austausch zu bleiben, veranstaltet die Bundestagsfraktion am 24. September in Berlin einen „Tag der Gesundheitsberufe“. Darin werden viele aktuelle Probleme aller Gesundheitsberufe (nicht nur der Pflege) angesprochen und diskutiert, darunter auch die Aspekte der Arbeitsbedingungen, oder Ausbildung u.v.m. Vielleicht ist diese Tagung ja auch für Sie interessant. Mehr zu Programm, Anmeldung etc. zum Gesundheitsberufetag erfahren Sie unter: http://www.gruene-bundestag.de/cms/termine/dok/381/381456.gruener_tag_der_gesundheitsberufe.html
Freundliche Grüße
Ihre Katja Dörner