Frage an Katja Dörner von Thomas K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Thomas Kaes
Rod.AL-101, Norte, casa 37, Pescaria
Maceió, AL
Brasilien
Tel.: +55-82-33751060
Sehr geehrte Frau Dörner,
ich lebe seit 6 Jahren in Brasilien. Davor habe ich seit 1971 in Bonn-Bad Godesberg gelebt. 7 Jahre war ich auf dem Aloisiuskolleg in Bad Godesberg. Gestern habe ich folgender Zeitungsartikel gelesen und war entsetzt:
"Randale, Prügel und Attacken
Das Bad-Godesberg-Phänomen
Ein Abend in Bonn-Bad Godesberg. Im Kurpark werden Schüler eines Elite-Gymnasiums von jugendlichen Migranten attackiert. Der systematische Überfall ist kein Einzelfall. Bundesweit spricht man schon vom Bad-Godesberg-Phänomen. Eine Ursache: Problemviertel und Villenviertel liegen im einstigen Diplomaten-Stadtteil dicht beieinander..."
Der ganze Artikel:
http://www.fr-online.de/top_news/?em_cnt=2041294&em_cnt_page=1
Ich moechte Sie bitten mir zu beantworten, ob und wie Sie sich dafür einsetzen werden, dass solche Zustände, die es zu meiner Zeit nicht gab, so schnell wie möglich der Vergangenheit angehören.
Mit freundlichen Grüssen
Thomas Kaes
Sehr geehrter Herr Kaes,
vielen Dank für Ihre Frage zum Thema Integration und die Situation in Bad Godesberg, die ich natürlich gerne beantworte.
Zunächst muss man in Rechnung stellen, dass das von der FR mit Textauszügen vorgestellte Buch und Theaterstück sich einer dramaturgischen Zuspitzung bedient. Das ist als Kunstgriff legitim, und kann Diskussionen anstoßen. Es kann Problemlösungen aber auch erschweren, wenn die medial vermittelte Debatte sich irgendwann nur noch für Schwarz-Weiß-Kontraste interessiert. Vielen in dem Stück zitierten Menschen ist auch erst bei der Veröffentlichung klar geworden, dass sie für Ortskundige nicht anonym bleiben, sondern identifizierbar wurden. Wenn sie selbst in dem Stadtteil gelebt haben, werden sie sich vorstellen können, welchen Stress das SchülerInnen, LehrerInnen und SozialarbeiterInnen schon bereitet hat und noch bereiten kann.
Nun zur Frage politischer Lösungsvorschläge. Seit vielen Jahren haben die Grünen in Bonn ein städtisches Integrationskonzept gefordert. Ein solches Konzept wird die Godesberger Probleme nicht auf Knopfdruck lösen, es ist aber notwendig, um die sozialen und bildungspolitischen Ursachen und Versäumnisse anzugehen. Seit einigen Monaten liegt es nun endlich vor, federführend erarbeitet von der Bonner Integrationsbeauftragten Coletta Manemann, einer Grünen übrigens. Nachzulesen ist es hier:
http://www2.bonn.de/bo_ris/daten/O/Pdf/09/0911777ED2.pdf
Die Grünen haben gefordert, dass es vom Stadtrat beschlossen wird, damit es zur Richtlinie für die Arbeit aller städtischen Ämter wird, und nicht nur bedrucktes Papier bleibt. Das ist bisher nicht geschehen, und wird darum jetzt als Bedingung in die aktuell laufenden Verhandlungen über eine kommunale Koalition im kürzlich neugewählten Stadtrat eingebracht. Ich sehe es so, wie Sie vermutlich auch: es ist dringend!
Mit freundlichen Grüßen
Katja Dörner