Frage an Katherina Reiche von Hajo A. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte Frau Reiche,
nachdem in den letzten Jahren nur kleine "Reförmchen" das marode Gesundheitswesen nicht wirklich zukunftsweisend verbessert haben, bleibt abzuwarten, ob die geplanten Veränderungen ab dem 01.01.2009 wirklich im Sinne des Bürgers gestaltet wurden. Bereits 1996 wurde der Wettbewerb unter den gesetzlichen Kassen eingeführt, der keine nennenswerten Vorteile für die Versicherten brachte. Einzelne haben für Mitgliederwerbung profitiert, honoriert mit einem Fahrrad oder Wellnessweekend auf Kosten der Versichertengemeinschaft. Beitragsstabilität konnte nur durch immer weitere Leistungskürzungen erreicht werden! Die Versorgung ist im gleichen Zeitraum zusätzlich schlechter geworden. Zu wenig Ärzte in unserer Region, mit entsprechender Wartezeit auf Termine. Nur mit der richtigen Versicherungskarte (Privatpatient), scheint Kunde Vorteile zu geniessen. Damit zu meiner ersten Frage. Was wird von Ihrer Seite/von Seiten der Politik unternommen, um einer immer weiter fortschreitenden 2-Klassenmedizin entgegen zu wirken? Rentner zahlen den allgemeinen Beitragsatz, obwohl für Personen ohne Krankengeldanspruch der ermässigte Beitragssatz anzusetzen ist. Bitte erklären Sie mir, wie das möglich ist? Ab 1. Januar fällt für freiwillige Versicherte der Krankengeldanspruch weg und kann dann über eine teure Zusatzversicherung (PKV) oder einen Wahltarif bei der Krankenkasse versichert werden. Gerade kleine Unternehmer benötigen diese Absicherung, wenn Sie alleine einen Betrieb oder mit wenigen Angestellten führen. Warum wird vielen Selbständigen dieses Standbein der sozialen Absicherung genommen?
Arbeitnehmer die keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung haben (tägliche Aushilfen etc.), finanzierten bisher den erhöhten Beitragssatz und erhielten bei Arbeitsunfähigkeit sofort Krankengeld. Nach meinen Informatione wird der erhöhte Beitragssatz mit der Gesundheitsreform gestrichen. Wie wird das zukünftig für diese Personen geregelt?
Freundliche Grüße
Hajo Achtmann
Sehr geehrter Herr Achtmann,
vielen Dank für Ihre Fragen vom 21.10.2008, in dem Sie Ihre Sicht zum Gesundheitsfonds darlegen. Gerne nehme ich hierzu Stellung.
Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat sich zum Ziel gesetzt, das deutsche Gesundheitswesen zukunftsweisend umzugestalten. Unsere Gesellschaft verändert sich und damit weiterhin alle Bürgerinnen und Bürgern eine gute Gesundheitsversorgung erhalten können, ist die Einführung des Gesundheitsfonds wichtig.
Ab dem 1.1.2009 gilt ein allgemeiner Beitragssatz, der durch die Bundesregierung per Rechtsverordnung festgelegt wird und Ende Oktober vom Bundeskabinett beschlossen wird. Demnach beträgt der paritätisch finanzierte Beitragssatz in der gesetzlichen Krankenversicherung künftig 14,6%, der ermäßigte Beitragssatz 14,0% (für Versicherte ohne Krankengeldanspruch [z.B. Selbstständige]). Dazu kommt jeweils ein Anteil von 0,9% Beitragssatzpunkten, der seit Januar 2004 nur von den Mitgliedern der Krankenkassen zu tragen ist. Die Verteilung der Beitragsbelastung zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern ändert sich also nicht.
Festzuhalten ist, dass das neue Finanzierungssystem nicht nur aus einem einheitlichen Beitragssatz besteht. Eine Krankenkasse, die besser wirtschaftet, kann ihren Versicherten finanzielle Vergünstigungen oder Beitragsrückerstattungen gewähren. Eine Kasse, die schlechter wirtschaftet, muss bei ihren Mitgliedern einen zusätzlichen pauschalen Zusatzbeitrag erheben. Wird tatsächlich ein Zusatzbeitrag erforderlich, muss sie ihre Mitglieder auf die Möglichkeit eines Kassenwechsels hinweisen. Der Zusatzbeitrag sorgt also dafür, dass die Versicherten in Zukunft in Euro und Cent erfahren, wie mit ihren Beitragsgeldern gewirtschaftet wird. Das war eine wichtige Forderung der Union.
Auch Rentnerinnen und Rentner zahlen ab dem kommenden Jahr den allgemeinen Beitragssatz. Rund 70% aller Rentnerinnen und Rentner zahlen bisher einen überdurchschnittlichen Beitrag, weil sie Mitglied in einer der sog. Versorgerkassen (wie AOKen oder Ersatzkassen) sind. Viele ältere Menschen, die z.B. in der AOK Berlin versichert sind, zahlen daher ab Januar 2009 auch mit dem angehobenen Beitragssatz weniger als bisher. Dies trifft im Übrigen auch bei den AOKen in acht weiteren Bundesländern zu.
Etwa 56% aller Rentnerinnen und Rentner zahlen mit dem Beitragssatz 2009 entweder weniger oder maximal 0,1% von ihrer Rente mehr an die Krankenkassen als bisher. Bei einem sog. Eckrentner mit einer gesetzlichen Rente von etwa monatlich 1.200 Euro z.B. wären das 1,10 Euro im Monat oder 13,20 Euro im Jahr. Darunter fallen z.B. auch die rund 3,4 Mio. Rentnerinnen und Rentner, die bei den beiden großen Ersatzkassen BEK und DAK versichert sind.
Bei rund 30% aller Rentnerinnen und Rentner liegt die Belastung zwischen 0,1% und 0,5%, also im gewählten Beispiel zwischen 1,10 Euro und 5,50 Euro im Monat. Von einer übergebührlichen Belastung der Rentner ist nicht auszugehen.
Mit dem Gesundheitsfonds wird die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung auf ein längerfristig tragfähiges Fundament gestellt. Ab dem 01. Januar 2009 werden die Beiträge der Arbeitgeber, der anderen Sozialversicherungsträger, der Mitglieder der Krankenkassen sowie die anwachsenden Zuschüsse des Bundes aus Haushaltsmitteln im Gesundheitsfonds gebündelt. Aus dem Fonds erhalten die Krankenkassen Zuweisungen zur Deckung ihrer Ausgaben. Dabei handelt es sich um eine Grundpauschale pro Versicherten sowie Zu- und Abschläge zum Ausgleich der unterschiedlichen Risikostrukturen.
Durch den Gesundheitsfonds erhält das System der gesetzlichen Krankenkassen ein bedeutendes Wettbewerbselement zum Vorteil der Versicherten. Endlich kann der Versicherte besser zwischen den Angeboten, Leistungen und der Wirtschaftlichkeit der einzelnen Kassen vergleichen. Die Krankenkassen müssen über die Produkte, also über ihre Leistungen, konkurrieren. Bisher stand der Wettbewerb um die Höhe des Beitragssatzes im Vordergrund mit dem Ziel den jungen, gesunden Alleinstehenden durch gezielte Werbung zu gewinnen. Das wird sich zukünftig ändern, die der Reform schafft einen echten Wettbewerb der Krankenkassen um die bessere Versorgung der Versicherten. Die Krankenkassen müssen stärker als bisher leistungsorientiert arbeiten und den Wünschen der Versicherten entsprechend unterschiedliche Versorgungsangebote zu unterschiedlichen Tarifen anbieten. Wie bisher haben die Versicherten die Möglichkeit, auch in Zukunft ihre Krankenkasse frei zu wählen.
Der zukünftige Beitragssatz von 15,5 Prozent wird im Übrigen nicht durch den Gesundheitsfonds verursacht, sondern durch andere wesentliche Faktoren: Die demographischen Veränderungen, den technischen Fortschritt, das Ende der Budgetierung der ärztlichen Leistungen die medizinisch-technischen Entwicklungen, die steigenden Ausgaben für Arzneimittel, die Kosten für das ärztliche und pflegerische Personal in Krankenhäusern und die allgemeinen Kostensteigerungen. Eine umfassende und flächendeckende Gesundheitsversorgung mit dem Anspruch auf Teilhabe am medizinischen Fortschritt für alle, wie sie die gesetzliche Krankenversicherung bietet, hat ihren Preis.
Wir wollen, dass alle Bürgerinnen und Bürger in Zukunft weiterhin diese umfassende und gute Gesundheitsversorgung erhalten. Dazu brauchen wir ein Finanzierungssystem, das die Mittel für die Versorgung zielgerecht und effizient bereitstellt. Der Gesundheitsfonds ermöglicht den Einstieg in eine nachhaltige Finanzierungsstruktur in der gesetzlichen Krankenversicherung.
Mit freundlichen Grüßen
Katherina Reiche