Frage an Katherina Reiche von Nane P. bezüglich Wirtschaft
Liebe Fr. Reiche,
ich bin Schülerin der 11. Klasse eines Gymnasiums und wohne im Landkreis PM.
Ich interessiere mich für das Thema Fairtrade-Kleidung und habe mich darüber informiert. Dabei habe ich bemerkt, dass es ziemlich schwer ist nachzuvollziehen unter welchen Bedingungen und mit welchen Auswirkungen für Umwelt und Mensch die Kleidung hergestellt wird.
Ich habe folgende Fragen: Wieso ist es in Deutschland möglich, dass große Handelsketten Kleidung verkaufen dürfen, die nachweislich Menschenleben und Umwelt bedrohen?
Was tun sie als Politikerin meines Landkreises dafür, dass es für mich möglich wird, Kleidung mit gutem Gewissen kaufen zu können?
Ich freue mich auf ihre Antwort
Nane
Sehr geehrte Frau Pleger,
vielen Dank für Ihre Frage zum fairen Handel von Textilien in Deutschland.
Unglücksfälle wie der Einsturz von Rana Plaza in Bangladesch im Jahr 2013 haben das Thema sozialer und ökologischer Standards in der weltweiten Textilproduktion auf tragische Weise deutlich in unser Bewusstsein gerückt. Obwohl sich verantwortliche Unternehmen, Gewerkschaften und Akteure der Zivilgesellschaft sowie der deutschen Entwicklungspolitik vielfach bereits engagieren, um signifikante Verbesserungen der sozialen und ökologischen Produktionsbedingungen zu erreichen, bleibt noch immer viel zu tun, wenn wir verhindern wollen, dass sich vergleichbare Katastrophen wiederholen.
Deswegen bündeln Bundesregierung, Textil- und Bekleidungsindustrie, Handel, Gewerkschaften und Zivilgesellschaft ihren Sachverstand und ihre Kräfte in einem Textilbündnis. Gemeinsam wurden im Gründungsprozess bereits für alle Bündnispartner verbindliche soziale, ökologische und ökonomische Bündnis-Standards für die gesamte Wertschöpfungskette der Rohstoffgewinnung und der Textil- und Bekleidungsproduktion definiert. Ziel des Textilbündnisses ist es, diese Standards schnell und flächendeckend zu implementieren. Dafür stellt das Textilbündnis konkrete Umsetzungsanforderungen auf und unterlegt sie mit ambitionierten Zeitzielen. Auf diese Weise sollen unter anderem international anerkannte Leitlinien und Standards wie die UN-Leitlinien für Wirtschaft und Menschenrechte, die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen oder die ILO-Kernarbeitsnormen zu flächendeckenden Realitäten gemacht werden. Jeder Bündnispartner leistet seinen Beitrag zur Umsetzung der Bündnisziele, sei es in der Zusammenarbeit der Textilwirtschaft mit ihren Zulieferunternehmen, sei es im entwicklungspolitischen Dialog auf Regierungsebene, sei es in der internationalen Gewerkschaftsarbeit und den internationalen Aktivitäten von Nichtregierungsorganisationen. Das Bündnis dient daher auch als Plattform, auf der die beteiligten Akteure den Fortschritt bei der Umsetzung der Bündnisziele gemeinsam überprüfen, ihre Erfahrungen teilen, sich über Best Practices austauschen und voneinander lernen können.
Denn das Ziel des Bündnisses für nachhaltige Textilien ist es, die soziale, ökologische und ökonomische Nachhaltigkeit entlang der gesamten Textilkette kontinuierlich zu verbessern. Gemeinsam sollen die Herausforderungen gelöst werden, die sich bei der Realisierung der Zielsetzung ergeben, Synergien, die in gemeinsamen Projekten entstehen, sollen genutzt und damit die Rahmenbedingungen in den Produktionsländern verbessert werden. Die Transparenz für die Verbraucherinnen und Verbraucher ist dabei ein wesentliches Ziel und soll helfen, das Vertrauen in die Maßnahmen des Textilbündnisses zu stärken.
Ich glaube, dass das Bündnis für nachhaltige Textilien ein erster Schritt in die richtige Richtung ist. Die Ziele sind ambitioniert, jedoch nicht unrealistisch und beziehen sich auf internationale Übereinkommen und Standards etablierter Nachhaltigkeitsinitiativen. Die Verbesserung der Arbeitsbedingungen werden einen deutlichen Entwicklungsimpuls in den Kernländern der globalen Textil- und Bekleidungsindustrie auslösen. Denn höhere Einkommen und Löhne erleichtern den Menschen vor Ort, die Schulbildung ihrer Kinder zu finanzieren. Insofern ist der Einsatz für verbesserte Produktionsbedingungen auch Einsatz für Kinder- und Bildungsrechte.
Letztendlich sind jedoch auch die Verbraucherinnen und Verbraucher gefordert, ihr Konsumverhalten zu überdenken. Dies kann jedoch nur erreicht werden, wenn für den Verbraucher mehr Transparenz über die Einhaltung von Sozial- und Umweltstandards geschaffen wird. Das wollen wir mit dem Textilbündnis erreichen. Der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), Dr. Gerd Müller MdB, hat auch noch einmal deutlich gemacht, dass die Umsetzung der im Bündnis entwickelten Standards nicht zu einer massiven Verteuerung von Textilien und Bekleidung führen werde. So dass für Verbraucherinnen und Verbraucher keine negativen Effekte entstehen müssen.
Sehr geehrte Frau Pleger, auf meine Einladung wird Bundesminister Dr. Gerd Müller MdB am 10. Februar 2015, um 19:00 Uhr, u.a. auch zu diesem Themenbereich sprechen. Ich würde mich freuen, wenn ich Sie zu dieser Veranstaltung im Steigenberger Hotel Sanssouci in Potsdam begrüßen kann und hoffe, dass ich Ihnen mit diesen Informationen weiterhelfen konnte.
Mit freundlichen Grüßen
Katherina Reiche
Weitergehende Informationen erhalten Sie auch vom Sekretariat des Bündnisses für nachhaltige Textilien oder direkt beim BMZ:
Kontakt Textilbündnis
Web: www.textilbuendnis.com
E-Mail: mail@textilbuendnis.com
Tel.: +49(0)6196 79 6391
Kontakt BMZ
Web: http://www.bmz.de/de/was_wir_machen/themen/textilwirtschaft/index.html
E-Mail: info@bmz.bund
Tel.: +49(0)30 18535 0