Frage an Katherina Reiche von Jörg S. bezüglich Soziale Sicherung
Im Grundgestz steht,"Die Würde des Menschen ist unantastbar".Wie stehen Sie und ihre Partei zu diesem Fakt.Ich meine das durch die Politiker jeden Tag gegem das Grundgesetz verstoßen wird.Ich nenne da nur Obdachlosigkeit,Arbeitslosigkeit,Kinder-und Jugendarmut oder auch Rentner die in Armut leben müssen.Dazu kommen auch noch Menschen die hart arbeiten,jedoch vom Lohn nicht leben können.
Meine Frage also,stehen unsere Parteien über dem Grundgesetz und wie Christlich ist die CDU eigendlich?Ich denke da auch an Frau Merkel die klar gegen Mindestlöhne ist.
Sehr geehrter Herr Schöner,
die Frage nach dem existenzsichernden Arbeitseinkommen ist eine ganz alte Frage und leider wieder eine ganz neue Frage. Man muss die Frage stellen, wie wir es sicherstellen, dass die Menschen von ihrer Arbeit im Sinne des Mottos „anständiger Lohn für anständige Arbeit“ leben können.
Ein einheitlicher gesetzlicher Mindestlohn ist keine geeignete Methode, um das Problem zu lösen.
Das Sozialprodukt in diesem Jahr wird voraussichtlich um 2,4 Prozent zunehmen, und das nach Jahren der Stagnation. Gegenüber dem Vorjahr gibt es über 200 000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte mehr. Wir haben mehr als 400 000 Arbeitslose weniger als im vergangenen Jahr. Wir haben 33 Prozent mehr offene Stellen. Dies hat auch mit der Arbeit der großen Koalition in den vergangenen zwölf Monaten zu tun.
Wenn es mehr Arbeit gibt, gibt es die Chance auf bessere Löhne. Unbestreitbar ist, dass das Wachstum des Sozialprodukts im Allgemeinen und die Produktivitätszunahme im Besonderen Orientierungswerte, wahrscheinlich die wichtigsten, für Lohnverhandlungen sind. Wir dürfen uns zurechnen ich nenne nur das Stichwort 25-Milliarden-Programm , dass, wenn auch nicht zur Gänze, die Arbeit der Bundesregierung ganz wesentlich dazu geführt hat, dass diese Schlüsseldaten der Volkswirtschaft in diesem Lande heute besser sind, als sie vor 24 oder 30 Monaten waren.
Natürlich reicht es nicht, mehr Spielraum für bessere Löhne und für mehr Arbeitsplätze zu schaffen. Wir wissen, dass wir Arbeitsmarktpolitik als Flankenschutz brauchen, dass wir unter den Stichworten Kombilohn, 50 plus usw. in ganz bestimmten Feldern Handlungsbedarf haben, dass wir in manchen Branchen, insbesondere in arbeitsintensiven mittelständischen Betrieben, Probleme mit Dumpinglöhnen, Billiglohnkonkurrenz und schmutzigem Wettbewerb haben. Darauf müssen wir spezifische Antworten geben. Das können Sie in der Koalitionsvereinbarung nachlesen.
Wir haben gesagt, dass wir den Weg gehen, den man seit vielen Jahren mit Erfolg im Baugewerbe gegangen ist. Wir wollen den untersten tariflichen Lohn dem Tarifsystem entnehmen und ihn qua Allgemeinverbindlicherklärung auch für ausländische Anbieter auf dem inländischen Markt über das Entsendegesetz verbindlich machen. Zunächst setzen wir dort an, wo es am dringlichsten ist Arbeitgeber und Arbeitnehmer haben es gemeinsam gefordert , nämlich bei den Gebäudereinigern. Der Gesetzentwurf ist auf einem guten Wege; es ist im parlamentarischen Prozess. Der Bundesrat hat nach der ersten Beratung Zustimmung signalisiert.
In unserer Koalitionsvereinbarung steht, dass wir prüfen werden, ob die Verhältnisse in anderen Branchen genauso sind. Sollte dies der Fall sein, werden wir durch die Herausnahme der Bereiche aus dem Tarifsystem über das Entsendegesetz eine Lohnuntergrenze zum Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, aber auch zum Schutz der von schmutziger Konkurrenz bedrängten mittelständischen Betriebe schaffen.
Ich habe das Zutrauen, dass die Tarifparteien ihrer Verantwortung gerecht werden, eine praxisorientierte Würdigung der Umstände in der jeweiligen Branche und in der jeweiligen Region an den Tag legen und die richtige Antwort geben. In der Regel können Tarifparteien differenzierter und damit besser vorgehen, als es der Staat jemals tun könnte.
Der DGB fordert einen gesetzlichen Mindestlohn von 7,50 Euro, der Wirtschaftsweise Bofinger 4,50 Euro, Herr Lafontaine und Herr Gysi fordern 8 Euro. Angesichts dessen muss man doch fragen, wie diese undifferenzierte Antwort auf ein differenziertes Problem wirken wird. Was bedeutet das für die Chemie? Im günstigsten Falle gar nichts; aber mit einiger Wahrscheinlichkeit würde dies für die Kolleginnen und Kollegen in dieser Branche bei den Tarifverhandlungen erschwerend wirken. Lassen wir den Staat außen vor!
Unsere Ziele lauten: Ausländische Anbieter müssen eingebunden werden. Dumpinglöhne und Schmutzkonkurrenz müssen verhindert werden.
Es darf kein System entstehen, durch das Menschen in die Arbeitslosigkeit gedrängt werden. Wir brauchen eine praktikable und realitätsnahe Lösung.
Ich weiß natürlich, dass man hier am Ende einer sozialethischen Orientierung folgen muss.
Es geht nicht nur um den Preis für den Produktionsfaktor Arbeit, es geht nicht nur um Kosten, sondern es geht letztlich um die Existenzgrundlage der Mehrheit der Menschen in unserem Lande.
Vor 75 Jahren hat Papst Pius XI. gesagt: An erster Stelle steht dem Arbeiter ein ausreichender Lohn zu für seinen und seiner Familie Lebensunterhalt.
Daraus müssen wir gemeinsam die richtigen Konsequenzen ziehen. Nell-Breuning sagte: Für die große Mehrheit der Menschen, die vom Arbeitslohn leben müssen, muss gelten, dass der Lohn für den Lebensbedarf der Familie ausreicht. - Das ist die christlich-soziale Absage an „working poor“. Wir müssen dieses Ziel in richtiger Weise mit den richtigen Methoden ansteuern.
Mit freundlichen Grüßen
Katherina Reiche