Frage an Katherina Reiche von Jakob B. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrte Frau Reiche,
meine Fragen beziehen sich auf die Hochschulreform zum Bachelor- & Masterabschluss
Der Studiengang ist stark verschult worden und bietet kaum Möglichkeiten sich gewünschte Schwerpunkte zu setzen und zu spezialisieren.
Es ist aufgrund der vielen Klausuren unmöglich, sich auch außerhalb der Universitäten fortzubilden.
So sind z.B. mehrere Praktika während des Studiums kaum möglich. In der vorlesungsfreien Zeit muss man sich intensiv auf die Modulprüfungen vorbereiten. Arbeiten um Geld zu verdienen ist erst recht kaum noch möglich.
Ein Bachelor-Abschluss alleine wird wahrscheinlich nicht für eine Einstellung mit halbwegs guter Bezahlung reichen, da u.a. Spezialisierung ja nicht möglich war. Viele Master Studiengänge haben dann auch Zulassungsbeschränkungen und die sogenannte Übergangsquote. Es gibt für nur ca. 50% der Bachelor-Absolventen Kapazitäten für einen Master-Studiengang.
Besonders aber die vielen Prüfungen in denen wir sehr viel Stoff in kurzer Zeit auswendig lernen müssen macht ein Studium im eigentlichen Sinne unmöglich.
Stoff aus meinen bereits geschriebenen Klausuren hab ich längst komplett wieder vergessen, weil die Stoffmenge einfach viel zu groß und auch zu wahllos zusammen gestellt ist. Der Stress ist bei mir und meinen Kommilitonen ist extrem hoch (genauso wie die Zahl der Abbrecher).
Bei mir persönlich zB kommt noch hinzu, dass ich vor kurzem Vater geworden bin und offensichtlich Kind UND Studium nicht machbar sind.
Vor meinem Studium habe ich als Veranstaltungskaufmann häufig 50 Std die Wochen mit sehr viel Stress gearbeitet. Ich bin also Stress und viel Arbeit gewohnt aber die vielen Modulprüfungen schaffe ich trotz viel Fleiß und genügend Intelligenz kaum.
Nun also zu meinen zwei Fragen.
Hat die Union diese und die vielen anderen Kritikpunkte, die es an dieser Hochschulreform gibt, ernsthaft wahrgenommen?
Wollen Sie den Bachelor/Ma.Studiengang in seiner jetzigen Form schnell wieder grundlegend reformieren?
MfG
Jakob Bauer
Sehr geehrter Herr Bauer,
vielen Dank für Ihre Zuschrift vom 11. Mai 2009, die über die Internetplattform „Abgeordnetenwatch“ an mich übermittelt wurde.
Sie schreiben, dass Sie vor kurzem Vater geworden sind. Dazu möchte ich Ihnen erst einmal herzlich gratulieren. Ich wünsche Ihnen, dass es Ihnen und Ihrer Familie doch gelingen wird, Ihr Studium, Jobs und die neue Rolle als Eltern unter einen Hut zu bringen. Aus eigener Erfahrung weiß ich, welche Herausforderung das ist.
Die Beschreibung Ihrer Studienbedingungen und der Probleme, die sich aus verschultem Curriculum und häufigen Prüfungen ergeben, bestätigen meine Einschätzung, dass sich die Umsetzung der „Bologna-Studienreform“ und die Einführung der Studiengänge zum Bachelor und Master nach wie vor schwierig gestalten. Die Studienreform ist in dieser Legislaturperiode sowohl in der Arbeitsgruppe Bildung und Forschung der CDU/CSU-Fraktion als auch im Bundestagsausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgeabschätzung mehrfach z.T. sehr kritisch behandelt worden. In diesem Zusammenhang haben die Parlamentarier meiner Fraktion im Oktober 2008 durchgesetzt, dass eine bereits geplante Erhöhung des Zinssatzes für Studienkredite der Kreditanstalt für Wiederaufbau zurückgenommen wurde. Erfolgreich haben wir uns auch für die Ausweitung der BAföG-Leistungen um 10 Prozent und die Erhöhung der Freibeträge um 8 Prozent eingesetzt.
Ein Zurück zu den Verhältnissen vor der Bologna-Reform wird nicht möglich sein. Dies auch deshalb, weil von den insgesamt rund 12.000 Studiengängen an deutschen Hochschulen im Wintersemester 2008/09 bereits drei Viertel auf Bachelor und Master umgestellt waren. Rund zwei Drittel aller Studienanfänger entschieden sich im WS 20008/09 für einen Bachelor- oder Masterstudiengang.
Allerdings ist fraglich, ob die Ziele, die man mit dem Bologna-Prozess erreichen wollte, mit den jetzigen Ergebnissen übereistimmen. Gegebenenfalls müssen Fehler bzw. Fehlentwicklungen behoben werden. Ausnahmeregelungen für die Ausbildung von Medizinern, Juristen, Lehrern und ev. von Ingenieuren sollten bestehen bleiben. Wo nötig, müssen die neuen Bachelor- und Masterstudiengänge „entschlackt“ werden. Im übrigen steht es den Hochschulen frei, die Studiendauer flexibel zu gestalten. Bachelorstudiengänge könnten statt sechs Semestern beispielsweise auch acht Semester dauern, was den Studierenden mehr Freiraum bringen könnte.
Abschließend möchte ich noch darauf hinweisen, dass Stipendienprogramme z.T. leider nicht in dem Umfang genutzt werden, wie dies möglich wäre. So hat z.B. die Konrad-Adenauer-Stiftung derzeit nicht genügend qualifizierte Bewerber, um die Mittel, die ihr für Stipendien zur Verfügung stehen, vollständig auszureichen.
Mit freundlichen Grüßen
Katherina Reiche