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Katharina Schulze
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Martin L. •

Frage an Katharina Schulze von Martin L. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Liebe Frau Schulze,

als Sprecherin des Bündnisses gegen eine dritte Startbahn betonen Sie regelmäßig, man solle den "eindeutigen Bürgerwillen" achten, der 2012 geäußert wurde.

Für den außenstehenden Beobachter erweckt das Vorgehen der Grünen allerdings den Eindruck, dass der Bürgerwille nur dann hochgehalten werden soll, wenn er der Meinung der Grünen entspricht. Dazu folgende Fragen:

a. Am 18. Juni 2016 stimmten die betroffenen Gemeinden über die Pläne einer Schischaukel am Riedberger Horn ab. Von Ihrer Partei, Ihrer Fraktion und Ihnen persönlich hieß es jedoch nur, dass Sie "parlamentarisch und außerparlamentarisch mit aller Kraft" gegen die Pläne vorgehen würden. Warum haben Sie hier nicht versucht, den Bürgerwillen hochzuhalten oder auch nur zu respektieren, sondern das Gegenteil?

b. Am 24.09.2017 stimmten die Berliner Bewohner für den Fortbetrieb des Flughafens Berlin-Tegel ab. Von ihrer Partei gab es jedoch keine Anstalten, dieses Bürgervotum auch nur im Ansatz zu respektieren; im Gegenteil: Im Senat wurde das Begehren mit den Stimmen der Grünen abgeschmettert. Warum haben Sie hier nicht versucht, den Bürgerwillen hochzuhalten?

c. Am 04.07.2018 stimmt die Stadt Kaufbeuren mit 60% (Wahlbeteiligung 45%) gegen den Bau einer Moschee bzw. den Verkauf des benötigten Grundstücks. Gehe ich recht in der Annahme, dass Sie diesen eindeutig geäußerten Bürgerwillen gutheißen und achten?

d. Auf Ihrer eigenen Seite sprechen Sie regelmäßig vom Wert der Demokratie und davon, dass Sie sich allen entgegenstellen, die versuchen, diese Demokratie schwächen wollen. Welche konkreten Aktionen sind in ihrer Fraktion in Bayern und in Ihrer Partei in Deutschland geplant, um zukünftig sicherzustellen, dass der eindeutige Bürgerwille hochgehalten wird, auch wenn er der grünen Meinung widerspricht? Welche Lehren ziehen Sie aus den Abstimmungen am Riedberger Horn, in Tegel und in Kaufbeuren?

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr L.,

wir Grüne stehen für direkte Demokratie und für mehr Demokratie. Mit großer Sorge beobachten wir seit vielen Jahren demokratiefeindliche Bestrebungen. Wir stehen fest auf dem Fundament der Grundwerte unserer Verfassung und an der Seite aller Demokratinnen und Demokraten. Bürgerbegehren und -entscheide sind ein wichtiges demokratisches Instrument, aber sie können nicht nationale und internationale Schutzbestimmungen außer Kraft setzen. Und die CSU-Staatsregierung hat genau das im Vorfeld des Bürgerentscheids vor Ort getan: Die strengste Alpenschutzzone C wurde aufgeweicht. Die Folgen für das Riedberger Horn und seine seltenen Tiere und Pflanzen wären fatal. Der bayernweite Proteststurm gegen die Skischaukel am Riedberger Horn hat Neu-Ministerpräsident Söder im Frühjahr gezwungen sich zu drehen. Jetzt muss er die naturzerstörende Skilifttrasse, die er selbst massiv vorangetrieben hat, aufgeben. Wir Grüne werden weiterhin sensible Regionen in den Alpen wie das Riedberger Horn an der Seite der Naturschutzverbände vor der Zerstörung durch neue Lifte oder Hotelburgen schützen.
Sie fragten nach unseren Ideen in diesem Bereich: Wir stärken die direkte Demokratie durch mehr Bürger*innenbeteiligung: Die Hürden für Volksbegehren werden gesenkt und Volksentscheide auch ermöglicht, wenn sie finanzielle Auswirkungen haben könnten oder nur einzelne Maßnahmen betreffen. Bei dem Erfolgsmodell Bürgerentscheide gehen wir voran und werden u. a. deren Bindungswirkung verlängern. Wir stehen innovativen Beteiligungsmodellen wie Planungszellen, Bürgergutachten, Adhocracy-Software und Bürgerworkshops offen gegenüber und wollen diese in ganz Bayern erproben.

Herzliche Grüße
Katharina Schulze

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