Portrait von Katharina Schulze
Katharina Schulze
Bündnis 90/Die Grünen
29 %
/ 7 Fragen beantwortet
Frage von Jan-Eric V. •

Frage an Katharina Schulze von Jan-Eric V. bezüglich Kultur

Liebe Frau Schulze,

seit Beginn diesen Jahres hat jeder Haushalt in Deutschland Rundfunkbeiträge abzuführen. Gerechtfertigt wird dies mit dem öffentlich-rechtlichen Auftrag der Rundfunkanstalten, die ein hochwertiges und vielfältiges Angebote an Bildung, Information und Unterhaltung zur Verfügung stellen würden.

Ich selbst besitze keinen Fernseher und muss jetzt dennoch zahlen. Ein hochwertiges und vielfältiges Angebot an Bildung, Information und Unterhaltung, kann ich im Programm der öffentlich-rechtlichen leider nicht wiederfinden. Zur Primetime senden ARD und ZDF vor allem niveaulose Unterhaltungssendungen. Überwiegend richten sich diese an ein Publikum jenseits der 60 (Volksmusik o.ä.). Formate für junge Leute laufen nur auf Spartenkanälen. Hochwertige Dokumentationen finden sich nur spät in der Nacht.

Vor diesem Hintergrund frage ich sie:
Kommen die öffentlich-rechtlichen ihrem Auftrag Ihrer Ansicht zu Folge hinreichend nach? Wenn nein, wie kann die Politik Abhilfe leisten?
Finden sie die Beitragsfinanzierung gerecht, die sich weder an finanzieller Leistungsfähigkeit des Haushaltes noch am Umfang des Konsums öffentlich-rechtlicher Angebote orientiert? Wenn nein, wie sieht eine Alternative aus?
Was halten sie von den verfassungsrechtlichen Bedenken gegen den neuen Beitrag? Am BayVerfGH ist ja eine Popularklage anhängig.

Vielen Dank im Voraus für Ihre Antwort!

Jan-Erich Vetter

Portrait von Katharina Schulze
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Lieber Herr Vetter,

vielen Dank für ihre Frage und entschuldigen Sie die verzögerte Antwort.

Sie haben Recht: Ab diesem Jahr werden erstmals prinzipiell alle den gleichen Rundfunkbeitrag bezahlen müssen. Es wird nicht mehr unterschieden werden, wer lediglich Radio hört und wer fernsieht. Aus einem sehr einfachen Grund: Die heutigen Empfangsgeräte - Computer, Mobiltelefone etc. - lassen diese Unterscheidung schlicht nicht mehr zu. Es kann nicht nachvollzogen werden, ob sie zum Radiohören oder Fernsehen genutzt werden oder überhaupt nicht um Rundfunk zu empfangen. Aufgrund dieser Schwierigkeiten wurde beschlossen, die Rundfunkgebühr unabhängig von der Art des Empfangs und des Empfangsgerätes auszugestalten, um eine Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auch in Zukunft gewährleisten zu können und nicht im Privatleben der Gebührenzahlerinnen und Gebührenzahler herumschnüffeln zu müssen, um zu erfahren, welche Art von Rundfunk sie nutzen und über welche Geräte sie diesen empfangen. Es wird künftig der Beitrag nach der Möglichkeit des Empfangs erhoben und nicht nach dem tatsächlichen Empfang - wie bisher eigentlich ja auch schon für einige Bevölkerungsgruppen. Denn viele Bürgerinnen und Bürger nutzen lediglich die privaten Kanäle und zahlen für die öffentlich-rechtlichen trotzdem mit.

Aus unserer Sicht ist dieser Systemwechsel bereits seit langem geboten, da wie oben erläutert die technische Entwicklung gezeigt hat, dass eine Rundfunkgebühr, die abhängig vom Empfangsgerät erhoben wird, zu einem unvertretbaren Verwaltungs- und Kontrollaufwand führt und damit auch bei den Bürgerinnen und Bürgern sehr geringe Akzeptanz findet.
Die Unternehmen ebenfalls in die Finanzierung mit einzubeziehen, halten wir Grüne grundsätzlich für richtig, denn wir sehen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk als ein wichtiges Kulturgut unserer Gesellschaft an, dessen Bestand durch die gesamte Gesellschaft gesichert werden soll.

Es ist richtig, dass aufgrund der Festsetzung der Gebühr auf 17,98 Euro pro Monat alle schlechter gestellt werden, die bisher lediglich ein Radio angemeldet hatten oder ganz auf ein Rundfunkempfangsgerät verzichteten. Wir halten diese zusätzliche finanzielle Belastung vor dem Hintergrund, dass der allgemeine Verwaltungs- und Kontrollaufwand damit langfristig wesentlich gesenkt werden kann, für vertretbar. Zudem wird nach der tatsächlichen Einführung des neuen Rundfunkbeitrags das tatsächliche Beitragsaufkommen überprüft werden, denn keinesfalls sollen die Bürgerinnen und Bürger insgesamt mehr belastet werden als durch das alte Modell. Sollte sich herausstellen, dass das Beitragsaufkommen das bisherige Gebührenaufkommen übersteigt, ist eine Überarbeitung der Beitragserhebungsregelungen in jedem Fall notwendig.

Hinsichtlich Ihrer Kritik an der Verwendung der Rundfunkbeiträge für niveaulose Unterhaltungssendungen zur Primetime kann ich ihnen nur kurz berichten, was die Grünen im Landtag zu diesem Thema im Rundfunkrat seit Jahren anmerken: Die Grünen VertreterInnen plädieren immer für eine andere Verwendung und kritisieren das Schielen auf Quoten statt die Sicherung der Qualität regelmäßig.

Jetzt zu den verfassungsrechtlichen Bedenken: Da ist sich die Fachwelt uneins: Neben anderen kommt der Staatsrechtler Degenhart in einem Gutachten zum Ergebnis, dass der Rundfunkbeitrag, wie er jetzt erhoben wird, formell und materiell verfassungswidrig ist. Es handele sich um eine Steuer und damit hätten die Länder durch die Einführung der Rundfunkbeiträge ihre Kompetenzen überschritten. Der ehemalige Verfassungsrichter Kirchhof sieht dagegen den Rundfunkbeitrag als eine Art Kurtaxe, gezahlt wird nicht für den Empfang einer konkreten Sendung sondern das Recht, das Programm der öffentlich-rechtlichen zu nutzen. Die Entscheidung über diese Frage obliegt nun also den Gerichten. Sollte sich herausstellen, dass der Rundfunkbeitrag verfassungswidrig ist, hoffen wir Grüne, dass eine Möglichkeit besteht, die Mängel innerhalb des neuen Systems zu beheben und keine Rückkehr zum alten System notwendig wird.

Ich hoffe ich konnte ihre Fragen ausreichend beantworten, ansonsten melden Sie sich einfach noch einmal.
Viele Grüße

Katharina Schulze

Was möchten Sie wissen von:
Portrait von Katharina Schulze
Katharina Schulze
Bündnis 90/Die Grünen