Welche politischen Forderungen der Grünen wird die Fraktion der Grünen zur Bedingung für eine Zustimmung zu einem Sondervermögen bzw. einer Reform der Schuldenbremse im alten Bundestag machen?
Sehr geehrte Frau Dröge,
vor gut zwei Wochen hat sich die CDU einem Sondervermögen bzw. einer Reform der Schuldenbremse verweigert. Mit der konkreten Option zu regieren hat sich die Position der CDU praktisch über Nacht geändert. Nach meiner Vorstellung müsste für die Zustimmung der Grünenfraktion zu einer solchen Last-minute-Grundgesetzänderung ein hoher Preis in Form konkreter (explizit) grüner politischer Forderungen verlangt werden. Können Sie mir sagen, welche politischen Forderungen der Grünen Sie zur Bedingung für eine Zustimmung zu einem Sondervermögen bzw. einer Reform der Schuldenbremse im alten Bundestag machen werden?
Mit freundlichen Grüßen
Stefanie B.

Liebe Frau B.,
vielen Dank für Ihre Nachricht!
Die ursprünglichen Vorschläge von Union und SPD wurden dem Umfang der Herausforderungen, die in den nächsten Jahren auf uns zukommen, nicht gerecht. Um der Aufnahme zusätzlicher Kredite zustimmen zu können, mussten wir als Grüne sicherstellen, dass das Geld auch tatsächlich in die Zukunft investiert wird: in eine moderne Wirtschaft, in ein Land, das sicher ist und einfach funktioniert, sowie in den Klimaschutz.
In der Grünen Bundestagsfraktion haben wir die ursprünglichen Vorschläge von Union und SPD vor allem aus drei Gründen abgelehnt:
- Die Vorschläge haben nicht sichergestellt, dass die Mittel aus dem Sondervermögen auch wirklich nur für Zukunftsinvestitionen genutzt werden. Stattdessen hätten Union und SPD das Geld auch für teure Wahlversprechen, wie Steuersenkungen, nutzen können. Das wollten wir verhindern. Wenn Union und SPD solche konsumtiven Ausgaben tätigen wollen, müssen diese aus dem Kernhaushalt finanziert werden und nicht über schuldenfinanzierte Sondervermögen. Das Land braucht dringend Investitionen in unsere Wirtschaft, Infrastruktur und den Klimaschutz. Wenn das Geld stattdessen für Steuersenkungen genutzt worden wäre, ginge das auf Kosten zukünftiger Generationen.
- Obwohl die Klimakrise eines der drängendsten Probleme unserer Zeit ist, kam Klimaschutz in den ursprünglichen Vorschlägen nicht vor. Erst kürzlich hat der Bundesnachrichtendienst die Klimakrise zu einem der fünf größten Sicherheitsrisiken für Deutschland erklärt. Er warnt vor Ernteausfällen, Preisschocks und zunehmender politischer Instabilität. Das verdeutlicht noch einmal, dass die Klimakrise kein Privatproblem von Bündnis 90/Die Grünen allein ist, sondern eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung, vor der auch die künftige Koalition ihre Augen nicht verschließen darf.
- Die Schuldenbremse sollte allein für militärische Verteidigungsausgaben gelockert werden. Dieser enge Verteidigungsbegriff war allerdings zu kurz gegriffen, da er nicht alle Aspekte umfasst, die für unsere Sicherheit wichtig sind. Die internationale Sicherheitslage befindet sich im Wandel, worauf wir mit einer Anpassung der Sicherheitsarchitektur in Deutschland reagieren müssen. Um uns vor hybriden Angriffen zu schützen, braucht es Investitionen in die IT-Sicherheit. Zudem sind Investitionen in Zivil- und Bevölkerungsschutz, sowie den Nachrichtendienst nötig. Uns war zudem wichtig, dass es auch weitere Unterstützung für die Ukraine gibt.
Wir konnten in den Verhandlungen in allen Punkten eine substanzielle Verbesserung erreichen, sodass wir der Grünen Bundestagsfraktion empfohlen haben, dem Gesetzesentwurf zuzustimmen.
- Es wird nun im Grundgesetz verankert, dass alle Ausgaben aus dem neu geschaffenen Sondervermögen zusätzliche Investitionen in Klimaschutz, Infrastruktur und Wirtschaft und damit in unsere Zukunft und die unserer Kinder sein müssen. Einem Verschiebebahnhof für Steuersenkungen kann es nun nicht mehr geben.
- Das Sondervermögen wird als Sondervermögen für Infrastruktur und Investitionen zur Erreichung der Klimaneutralität bis 2045 präzisiert. Erstmals findet der Begriff der Klimaneutralität nun ausdrücklich Eingang in das Grundgesetz und ist nun Ziel von Investitionen. Zusätzlich werden 100 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen für den Klimaschutz bereitgestellt und in den Klima- und Transformationsfond überführt. In diesem Fond sind diverse Klimaprojekten enthalten, vom klimaneutralen Umbau der Industrie über die Wärmewende bis zur Heizungsförderung. Damit gehen mindestens ein Viertel der Bundesmittel aus dem Sondervermögen direkt in Projekte für den Klimaschutz.
- Wir haben den Sicherheitsbegriff weiter gefasst. Mit dieser Einigung investieren wir in Frieden, Sicherheit und unsere Verteidigung – nicht nur bei der Bundeswehr. "Sicherheit“ umfasst demnach nicht nur die militärische Verteidigung, sondern schließt auch Bereiche wie Zivil- und Bevölkerungsschutz, Cybersicherheit, Nachrichtendienste und Unterstützung für völkerrechtswidrig angegriffene Staaten ein. Zusätzlich konnten wir dafür sorgen, dass die Unterstützung der Ukraine ausgeweitet wird. Schon in dieser Woche gibt der Bundestag endlich die zusätzlichen drei Milliarden an Unterstützung für die Ukraine kurzfristig frei.
Wir haben viel erreicht, aber auch noch einiges vor uns. Weitere Investitionen in die Zukunft unseres Landes erfordern eine grundsätzliche Reform der Schuldenbremse. Darum bringen wir einen Entschließungsantrag in den Bundestag ein, der eine Expertenkommission einsetzt und eine Reform bis Ende 2025 als Ziel festlegt. Wir bleiben dran!
Viele Grüße
Team Dröge