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Katarina Barley
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Frage von Peter J. •

Frage an Katarina Barley von Peter J. bezüglich Finanzen

Im aktuellen Korruptionsindex von Transparency International steht Ungarn an drittletzter Stelle unter den EU-Mitgliedsstaaten. Profiteure sind insbesondere Personen mit engen Beziehungen zu Viktor Orbán. Die Zeche zahlen auch die europäische Steuerzahler – und finanzieren so dessen antidemokratische Herrschaft und antieuropäische Kampagnen mit.
In 2017 erhielt Ungarn 4,05 Mrd. Euro aus dem EU-Haushalt – etwa 3,4% des BIP. Ca. 60% der Finanzierung der öffentlichen Ausschreibungen kommen derzeit von der EU. Die meisten öffentlichen Investitionen wären ohne europäische Beteiligung nicht denkbar. Doch statt Ungarn wettbewerbsfähiger zu machen versickert das Geld in Orbáns Vetternwirtschaft und festigt somit die Übermacht der Fidesz-Partei.
Laut des Corruption Research Centers Budapest konnten Geschäftsleute, die Orbán nahestehen, zwischen 2010-16 etwa 13-mal so umfangreiche Staatsaufträge gewinnen, wie ihre Konkurrenz. Die EU-Korruptionsbehörde OLAF fand bei den Projekten, die 2011-15 von ungarischen Kommunen an Orbáns Schwiegersohn vergeben worden sind, in allen Fällen Unregelmäßigkeiten und Hinweise auf systematische Manipulation der Vergabekriterien. In Ungarn kein Einzelfall: Bei etwa einem Drittel der öffentlichen Aufträge gibt es nur einen Bieter. Die Angebote sind oft zu einem vielfachen der marktüblichen Preise kalkuliert. Die Europäische Kommission selbst stellte bei der Überprüfung von 29 Großprojekten, die in Ungarn zwischen 2015-17 mit EU-Mitteln finanziert worden sind, in 25 Fällen schwerwiegende Verstöße fest.
Soll die EU weiterhin die Herrschaft eines Regimes mitfinanzieren, das sich hartnäckig gegen europäische Werte stellt? Oder sollten bei Verstößen gegen rechtsstaatliche und demokratische Prinzipien diesem Mitgliedstaat die EU-Fördermittel gekürzt werden? Wie ließe sich so ein Instrument umsetzen, ohne dass es zum Papiertiger verkommt? Ist es möglich damit die Regierung zu sanktionieren aber nicht gleichzeitig die Menschen in Ungarn mit zu strafen?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr J.,

vielen Dank für Ihre Anfrage.

Wir wollen, dass die EU konsequenter ihre Grundwerte wie Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit schützt. Die Europäische Union ist nicht nur ein gemeinsamer Markt, sondern eine Union von Staaten, die ein gemeinsames Verständnis von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit teilen. Bestehende Verfahren gegen zuwider handelnde Mitgliedsstaaten funktionieren nur unzureichend. Deshalb unterstützen wir das Vorhaben der Europäischen Kommission für einen Mechanismus, der Mitgliedsstaaten bei Verstößen gegen rechtsstaatliche Standards die Zuwendungen aus dem EU-Haushalt spürbar kürzt. Dabei ist klar: Es werden die nationalen Regierungen sanktioniert und nicht die Empfängerinnen und Empfänger von EU-Geldern. Deshalb setzen wir uns insbesondere dafür ein, dass die verantwortlichen Regierungen die wegfallenden Leistungen übernehmen. Notfalls soll die Kommission die Mittel direkt an die Empfänger auszahlen können. Das schafft Anreize, in einen Dialog mit den europäischen Institutionen zu treten.

Die SPD will zudem, dass alle Mitgliedsstaaten einer regelmäßigen Prüfung der Lage der Rechtsstaatlichkeit unterzogen werden. Länderspezifische Berichte sollen veröffentlicht werden und ein automatisches Einschreiten der EU-Institutionen erfolgen, falls ein Mitgliedstaat die europäischen Grundwerte gravierend verletzt. In Mitgliedsstaaten, in denen festgestellt wird, dass demokratische Grundwerte nicht ausreichend geschützt und gefördert werden, sollen zivilgesellschaftliche Organisationen, die sich dem demokratischen Dialog verschrieben haben, gezielt direkt mit einem Fonds für europäische Grundwerte unterstützt werden.

Mit freundlichen Grüßen
Katarina Barley, MdB

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