Frage an Katarina Barley von Gerrit D. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Hallo und Guten Tag Dr. Katarina Barley!
Nach meinen Recherchen waren Sie in der Vergangenheit bis zur kommenden Wahl bereits für 5 Jahre Mitglied des Bundestages und sind seit knapp 2 Jahren Bundesministerin. Daraus ergeben sich für mich vier Fragen.
- Woher kommt ihre ganz persönliche Motivation ihr Amt als Ministerin und/oder ihr Mandat nicht bis zum Ende der Legislatur fortzuführen, stattdessen sich einer neuen Wahl zu stellen und damit auf anderer Ebene Politik machen zu wollen?
- Angenommen, sie nähmen in Zukunft kein Mandat, öffentliches Amt, keine Parteifunktion (die einfache Mitgliedschaft einmal ausgenommen) wahr: Bewerten Sie ihre eigenen politischen Einflussmöglichkeiten als unter-, durch- oder überdurchschnittlich?
- Was könnte ihnen helfen sich selbst, die eigenen Hobbys, die Familie/Freunde, den Wahlkreis, Mitarbeiter_innen, die Partei, die Fraktion, das Parlament, den Beruf außerhalb des Parlaments zufriedenstellend und im gesunden Ausgleich „unter einen Hut“ zu bekommen?
- Welche Erfahrungen, Kenntnisse oder Fähigkeiten aus ihrem politischen Leben waren/sind in ihrem beruflichen Alltag hilfreich (gewesen)?
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit!
Europäische Grüße
G. D.
Sehr geehrter Herr D.,
vielen Dank für Ihr Interesse und Ihre Frage.
Als ich in den Bundestag kam, war Europa mein Thema Nummer eins, ich ging damals zuerst in den Europaausschuss. Das hat sich dann anschließend in die juristische Richtung entwickelt, was mit meinem beruflichen Vorleben zu tun hat.
Ich bin und bleibe Europäerin vom Scheitel bis zur Sohle. Mein ganzes Leben ist von Europa durchzogen. Beginnend mit meiner europäischen Familiengeschichte: Mein Vater ist Brite, meine Mutter Deutsche, ich habe beide Staatsangehörigkeiten und habe ein Jahr mit Erasmus-Stipendium in Paris studiert. Der Vater meiner Kinder ist Spanier und dessen Mutter Niederländerin. Unsere Kinder haben also vier Großeltern aus vier verschiedenen Ländern. Schließlich: Ich habe im Europarecht promoviert. Und an meinem Wohnort im Vierländereck zu Luxemburg, Belgien und Frankreich habe ich in diesem Verbund auch gearbeitet. Also: Ich bin Europa durch und durch.
Ich bin gerne Justizministerin. Aber ich spüre wie viele anderen Menschen in Europa auch: Jetzt ist der Zeitpunkt, an dem die überzeugtesten Europäerinnen und Europäer nach Brüssel müssen. Dazu zähle ich mich auch. Und: Europa braucht eine starke Sozialdemokratie.
Um sich politisch zu engagieren, braucht man kein Ministeramt. Für mich war früh klar, dass meine politische Heimat die SPD werden sollte. Soziale Gerechtigkeit stand für mich immer im Vordergrund. Die Ungerechtigkeit, dass nach wie vor die soziale Herkunft über den Erfolg im Leben entscheidet, dass Armut krank und Krankheit arm macht, dass die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter aufgeht, treibt mich immer noch um. Außerdem wollte ich Mitglied einer Volkspartei werden. Denn ich finde ich es wichtig, meine Positionen mit Mitstreiterinnen und Mitstreitern aus allen gesellschaftlichen Bereichen ausfechten zu dürfen und zu müssen. Und ich will Politik machen, die für unser Land und Europa insgesamt gut ist – nicht nur für eine kleine Interessengruppe.
Politik macht mir sehr viel Spaß. Es ist unglaublich anstrengend, weil die Tage sehr lang sind und man wenig Zeit hat um mal Luft zu holen. Aber ich treffe oft auf unglaublich engagierte, tolle Menschen, die sich Tag für Tag für unser Land stark machen. Das motiviert! Sie fragen mich, wie ich Politik und Familie gut „unter einen Hut“ bekomme? Ehrlich gesagt, das klappt mal besser, mal schlechter. Gute Organisation ist auf alle Fälle hilfreich.
In meinem früheren Berufsleben war ich unter anderem Richterin. Ausgleichend sein, Menschen mögen, Menschen zusammenführen - das hilft auch in der Politik.
Mit freundlichen Grüßen
Katarina Barley, MdB