Frage an Katarina Barley von Richard W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Guten Tag Frau Barley.
Was halten Sie von einem Europa der Regionen anstatt basierend auf Nationalstaaten?
Ich finde, im letzteren Fall wird es nur schwerlich, wenn überhaupt, zu einem vereinigtem Europa kommen, denn die Egoismen der Nationalstaaten sind zu stark.
Sehr geehrter Herr W.,
vielen Dank für Ihr Interesse und Ihre Frage.
Wir wollen Impulse für mehr europäische Solidarität geben und die politische und soziale Integration Europas weiter vorantreiben. Wir sind bereit, in den Zusammenhalt Europas zu investieren, weil Investitionen in ein starkes Europa die beste Grundlage für eine gute Zukunft auch in Deutschland sind. Dafür brauchen wir jetzt Tempomacher, die bei immer mehr Projekten mutig voranschreiten und die anderen Partnerinnen und Partner durch Erfolge überzeugen. In diesem Sinne wollen wir das in den Verträgen angelegte Prinzip der verstärkten Zusammenarbeit konsequenter nutzen und weiterentwickeln. Es geht dabei nicht um die Verfestigung eines Kerneuropas. Denn die Tempomacher sind keine geschlossene Gesellschaft, je nach Projekt können ganz unterschiedliche Gruppen zusammenfinden. Vor allem die Eurozone muss jetzt Tempo machen. Wir wissen, unsere Vision eines starken Europas ist ehrgeizig, wir müssen Widerstände überwinden. Es gibt politische Kräfte, für die Europa nicht die Antwort ist, sondern die ihr Heil in der Rückkehr zu Egoismus und Nationalismus suchen.
Ein Zusammenwachsen der Völker Europas setzt eine schrittweise Angleichung der Lebensbedingungen voraus – in Deutschland ebenso wie in Finnland oder Griechenland, in Portugal wie in Polen. Es geht darum, dass die Bürgerinnen und Bürger konkret erleben, dass Europa sie schützt und ihnen hilft, ein gutes und sicheres Leben zu führen. Dafür brauchen wir eine europäische Haushaltspolitik, die dem Menschen dient, ein Europa, in dem alle Konzerne endlich ihren fairen Anteil an Steuern zahlen und damit ihren angemessenen Beitrag für das Gemeinwohl leisten.
Jeder Mitgliedsstaat und jede Region sollen nach Kräften dafür sorgen, dass es den Bürgerinnen und Bürger gut geht. Gleichzeitig unterstützen sich die Mitgliedsstaaten untereinander durch mehr Solidarität für gleichwertigere Lebensbedingungen in ganz Europa und seinen Regionen. Das Kaputtsparen vor allem zu Lasten des sozialen Zusammenhalts werden wir beenden. Zukunftsinvestitionen und die Konsolidierung von öffentlichen Haushalten dürfen nicht mehr gegeneinander ausgespielt werden.
Um gerade bei der zwischen den Mitgliedsstaaten der EU sehr umstrittenen Frage der Aufnahme von Geflüchteten eine Einigung zu erzielen, unterstütze ich den von Gesine Schwan angeregten Vorschlag eines europäischen Flüchtlingsfonds. Damit würden alle Kommunen, die sich zur Aufnahme von Geflüchteten bereiterklären, durch diesen Fonds die entsprechende finanzielle Unterstützung dafür erhalten. So könnten die nationalstaatlichen Egoismen einiger Mitgliedsstaaten bei dieser Frage überwunden werden.
Mit freundlichen Grüßen
Katarina Barley, MdB