Frage an Katarina Barley von Inge B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Dr. Barley,
ich habe mit Entsetzen gelesen, dass der Journalist Oliver Schröm von der Hamburger Staatsanwalt befragt und evtl. strafrechtlich verfolgt wird, weil er als Journalist und Bürger über Cum-Ex recherchiert. Dabei hat er leider aufgedeckt, dass die Cum-Ex-Geschäfte unserem Staat viel Geld abziehen. Dieses Geld wird für die Infrastruktur, Schulen und Krankenhäuser in Deutschland dringend gebraucht. Ich arbeite und muss viele Steuern bezahlen, obwohl ich drei Kinder zu versorgen habe. Das kann ich nicht mit meinem Gerechtigkeitsempfinden verbinden. Es ist unverschämt viele Steuern zu bezahlen und Betrüger bereichern sich unter anderem durch meine Steuern.
Ich bin eine treue SPD-Wählerin und wünsche mir, dass Sie als Justizministerin gegen diese Ungerechtigkeit vorgehen.
Genossenschaftliche Grüße
I. B.
Liebe Inge,
vielen Dank für Deine Nachricht und Deine Frage zum Ermittlungsverfahren gegen Oliver Schröm.
Zu einzelnen laufenden Ermittlungsverfahren nehme ich keine Stellung. Bei Fragen zu dem genannten Ermittlungsverfahren möchte ich Dich daher bitten, sich an die Pressestelle der Staatsanwaltschaft Hamburg zu wenden.
Unabhängig von dem von Dir angesprochenen konkreten Einzelfall möchte ich jedoch betonen, dass Journalisten und Hinweisgeber einen wichtigen Beitrag zur Aufdeckung von Missständen und Straftaten wie Steuerhinterziehung und Geldwäsche leisten. Zahlreiche Beispiele wie die "Panama Papers" oder die "Paradise Papers" haben dies in der Vergangenheit gezeigt. Für mich ist es daher ein wichtiges Anliegen, den Schutz von Journalisten und Hinweisgebern weiter zu stärken.
Dafür gibt es nun einen Regierungsentwurf zum Geschäftsgeheimnisgesetz (GeschGehG), der sich gegenwärtig im parlamentarischen Verfahren befindet. Er beinhaltet einen stärkeren Schutz und höhere Rechtssicherheit für Journalisten und Hinweisgeber (sog. "Whistleblower"). Diese günstigere Rechtslage für Journalisten und Hinweisgeber würde ab dem Inkrafttreten des Gesetzes auch auf solche Strafverfahren Anwendung finden, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen sind (§ 2 Absatz 3 des Strafgesetzbuchs).
Mit dem GeschGehG setzen wir eine europäische Richtlinie um (EU 2016/943), die in ganz Europa einen einheitlichen Mindestschutz für Geschäftsgeheimnisse gewährleistet. Einerseits profitieren davon Unternehmen, die mit Ideen und Innovationen wirtschaftliche Werte schaffen. Im Vergleich zur bisherigen Rechtslage in Deutschland gelten dabei teilweise sogar strengere Anforderungen an das Vorliegen eines Geschäftsgeheimnisses. So müssen Unternehmen zum Beispiel angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen treffen, um von dem Schutz durch das Gesetz profitieren zu können.
Andererseits wurde die Regelung auch zum Anlass genommen, den investigativen Journalismus im Bereich der Geschäftsgeheimnisse deutlich zu stärken. Journalistinnen und Journalisten, die Missstände an die Öffentlichkeit bringen, gewinnen dadurch größere Rechtssicherheit. Der Gesetzesentwurf zum neuen GeschGehG enthält eine ausdrückliche Regelung, die die Erlangung, Nutzung und Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen im Rahmen der journalistischen Tätigkeit für rechtmäßig erklärt (§ 5 Nummer 1 des Gesetzentwurfs). Im bisherigen Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) gab es eine solche Regelung nicht.
Diese günstigere Rechtslage für Journalistinnen und Journalisten als auch Hinweisgeberinnen Und Hinweisgebern würde ab dem Inkrafttreten des Gesetzes auch auf solche Strafverfahren Anwendung finden, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen sind (§ 2 Absatz 3 des Strafgesetzbuchs).
Mit freundlichen Grüßen
Katarina
Dr. Katarina Barley, MdB