Frage an Katarina Barley von Lutz L. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Dr. Barley,
ich hätte Sie als Familienministerin, Mitglied des Rechtsausschusses und Juristin auch in den Kategorien Familie oder Justiz fragen können. Ich möchte jedoch den Fokus auf die Bedeutung des Grundgesetzes für diese Bereiche legen und die Auswirkungen auf den Zustand der Demokratie. Ein SZ-Beitrag vom 19.09. berichtet von Ihrem Vorhaben im sog. Kindschaftsrecht. Sie möchten Gerichtsstreit vermeiden und die gemeinsame Kindererziehung auch nach einer Trennung der Eltern erleichtern. Die Ideen klingen gut und werden sicher auch einige Wirkung haben. Geht es aber nicht doch auch noch wirkungsvoller? Wie stehen Sie als Juristin zur Verwirklichung des grundgesetzlichen Schutzes der Familie und damit der Eltern-Kind-Bindung? Werden Sie sich im Sinne des GG für die gemeinsame Sorge der Eltern von Geburt bzw. Anerkennung der Vaterschaft einsetzen? Wie bewerten Sie im Zusammenhang mit der derzeitigen Antragsregelung für nichtverheiratete Väter die Ergebnisse des Kimiss-Projekts der Uni Tübingen ( http://www.kimiss.uni-tuebingen.de/de/2016results.html )? Dort werden u.a. auch erhebliche Mängel in der Rechtsanwendung thematisiert. Diese gibt es nicht nur im Familienrecht. Dazu weitere Fragen: Wie wichtig ist Ihnen die Bindung der Gerichte an die Verfassung, Gesetze und Verfahrensordnung? Wie stehen Sie zur Rechtsfortbildung durch Richterrecht? Wie können sich Betroffene effektiver gegen richterliche Willkür und Missachtung Ihrer Rechtsschutzinteressen wehren? Sehen Sie in diesen Fragen dringenden Handlungsbedarf zur Sicherung einer demokratisch verfassten Rechtsordnung?
Mit freundlichen Grüßen
L. L.
Es ist zutreffend, dass ich mich mit der Lebenssituation von getrennten Familien befasse. Ich bin der Auffassung, dass es für die meisten Kinder am besten ist, auch nach einer Trennung der Eltern guten und regelmäßigen Kontakt zu beiden Elternteilen zu behalten. Dies entspricht tendenziell auch den Idealvorstellungen der Gesamtbevölkerung, die im November 2016 im Auftrag des BMFSFJ ermittelt wurden. Damals erklärten 77 Prozent der Bürgerinnen und Bürger, auch nach einer Trennung sollten die Elternteile die Kinder am besten weiterhin gemeinsam betreuen und erziehen.
Die Rahmenbedingungen für eine angemessene Unterstützung der gemeinsam getrennt Erziehenden müssen aber teilweise noch geschaffen werden. Die Politik hat die Aufgabe, bessere Bedingungen zu schaffen, rechtlich, finanziell und durch mehr Öffentlichkeit für diese Anliegen.