Frage an Katarina Barley von Jonas H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Dr. Barley,
am 7. März 2016 haben Sie an der Diskussionsrunde "Hart aber Fair" zum Thema "Flüchtlingsgipfel und Wahlen" im ARD-Fernsehen teilgenommen. Sie haben mit Ihren Aussagen deutlich gezeigt, dass eine Zusammenarbeit in der Koalition zur Bewältigung der anstehenden Aufgabe Flüchtlingsaufnahme und Integration nicht gegeben ist. Insgesamt haben Sie als SPD Generalssekretärein meiner Meinung nach ein sehr schwaches Bild gegenüber Herrn Tauber (CDU), Frau Simone Peter (Grüne) und Herrn Dietmar Bartsch (Linke)abgegeben. Dies gilt insbesondere bei der Frage der Menschenrechte in der Türkei aber auch in Bezug auf Ihre eigene SPD Politik. Bei der Frage nach den politischen Leistungen der SPD in dieser Wahlperiode musste Ihnen sogar Ihr Koalitionspartner argumentativ zur Hilfe kommen.
Ich habe angesichts Ihrer Funktion und Ihres Auftretens in der Fernsehdiskussion drei Fragen an Sie:
1. Wie bewerten Sie Ihren eigenen Auftritt, argumentativ gelungen oder deutlich verbeserungsfähig. Entspricht Ihre Position und Argumentation tatsächlich der Linie der SPD?
2. Teilen Sie mit mir die Meinung, dass eine gespaltene und schwache Koalitionspolitik mit wenig Lösungsideen die rechtsradikale AfD bei den bevorstehenden Wahlen stärkt.
3. Was unternimmt die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) um Menschenrechte und Pressefreiheit in der Türkei zu fördern und die Flüchtlinge aus dem Bürgerkrieg in Syrien und aus Afghanistan zu schützen?
Vielen Dank für eine Antwort.
Mit freundlichen Grüßen
Jonas Hiermer
Diplom-Forstwirt Univ.
Sehr geehrter Herr Hiermer,
gern beantworte ich Ihre Fragen:
1.
Es versteht sich von selbst, dass ich die Positionen der SPD vertrete. Es sind die Positionen, die sich aus den Werten Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität herleiten lassen. Wir sind aber auch eine Partei, die auf der Basis dieser Werte konstruktiv miteinander diskutiert, um gute Lösungen für die Veränderungen der Gesellschaft zu finden. Das sind komplexe Fragen auf die es keine einfachen Antworten gibt. Politische Talkshows sind meines Erachtens ungeeignet, komplizierte Sachverhalte detailliert zu erläutern. Häufig kommt es lediglich zu einem „Schlagabtausch“ da die Zeit für tiefgehende konstruktive Diskussionen fehlt.
2.
Die SPD leistet gute Arbeit in dieser Regierung. Wir haben in den vergangenen drei Jahren in der Großen Koalition viel bewegt und wichtige Projekte wie z.B. den Mindestlohn, die Rente mit 63, das Elterngeld plus, die Frauenquote oder die Mietpreisbremse durchgesetzt. Aber die Arbeit in der Regierungskoalition erfordert Kompromisse mit der CDU und CSU, die andere Vorstellungen von einer guten Politik haben. Wenn wir keine Kompromisse eingehen würden, gäbe es gar keine Veränderungen. Wir leben in einer sich ständig verändernden Welt. Diese Veränderungen wollen wir Sozialdemokraten konstruktiv gestalten. Dabei setzen wir auf den Zusammenhalt unserer Gesellschaft, denn sie ist die Grundlage für eine funktionierende Demokratie.
Die AfD dagegen ist eine Protestpartei, die allein auf das Trennende setzt und damit polarisiert. Sie ist keine Alternative, da sie keine Lösungen anbietet und das Land spaltet. Leider wissen viele Sympathisanten nicht, dass die AfD nicht nur eine fremden- sondern auch eine wirtschafts- und arbeitnehmerfeindliche Politik vertritt.
3.
Die SPD ist zutiefst besorgt über die Rückschritte in den Bereichen Meinungs- und Pressefreiheit, Rechtsstaatlichkeit, Minderheitenschutz und Menschenrechte in der Türkei. Wir werden nicht nachlassen, auf die Wahrung dieser Werte zu pochen und über die kritische Entwicklung mit der Türkei zu sprechen. Auf bilateraler Ebene ist hier unser Außenminister Frank Walter Steinmeier vorbildlich engagiert. Auf europäischer Ebene sind die Beitrittsverhandlungen der Ort, an dem die EU Druck ausüben kann. Davon trennen muss man die Frage der Flüchtlinge. Die Türkei hat bei weitem mehr aufgenommen als Deutschland. Die Versorgung ist dort deutlich besser als beispielsweise in den Lagern in Jordanien und im Libanon.
Ohne Frieden in Syrien werden auch die Flüchtlingsströme in dieser Region nicht abnehmen. Deshalb steht die Beseitigung von Fluchtursachen konsequent im Zentrum unserer Politik. Unser Außenminister Frank-Walter Steinmeier setzt sich unermüdlich für eine diplomatische Lösung des syrischen Bürgerkriegs ein. Um die Flüchtlinge in den Nachbarländern Syriens besser zur versorgen und ihnen eine langfristige Perspektive zu ermöglichen, hat Deutschland die Mittel für humanitäre Hilfe und Entwicklungshilfe aufgestockt. Eine echte Lösung liegt aber nur in der Beseitigung von Fluchtursachen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Katarina Barley, MdB