Portrait von Kassem Taher Saleh
Kassem Taher Saleh
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Antje D. •

Warum haben Sie trotz des wachsenden obszönen Reichtums im obersten Prozent der Bevölkerung gegen eine Vermögensabgabe für Milliardär: innen und Multimillionär: innen gestimmt?

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Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Dr. M.,

Sie haben völlig Recht: die Erbschaftssteuer ist aktuell sehr schlecht ausgestaltet und führt aufgrund der diversen Ausnahmeregelungen und Schenkungsmöglichkeiten zu einem effektiven Steuersatz von nur 2 Prozent. Eine gut reformierte Erbschaftssteuer könnte daher natürlich auf der einen Seite höhere Steuereinnahmen bringen, allerdings ist der noch viel wichtigere Punkt, dass sie dabei helfen könnte die immens hohe Vermögensungleichheit in Deutschland abzubauen.

Von den Europäischen OECD-Staaten gibt es mit Schweden nur ein Land, das gemessen am Gini-Index eine noch höhe Vermögensungleichheit aufweist als Deutschland. Das vermögendste 1% der Deutschen hat mehr Vermögen als 90% der Menschen in Deutschland zusammen. Gleichzeitig besitzen etwa 40% der Menschen praktisch gar kein Vermögen und ist daher von den massiven Preissteigerungen in dieser Krise umso mehr betroffen. Beim Erben spiegelt sich diese Ungleichheit übrigens genauso wieder: Etwa 70 Prozent der Menschen erben gar nicht, und zwei Drittel der Erbschaften und Schenkungen gehen nur an die 20 Prozent vermögendsten Menschen in Deutschland. Erben in Deutschland gehören laut einer neuen Studie meist ohnehin zu den Privilegierten Menschen, vor allem in Westdeutschland, mit ohnehin schon hohem Vermögen und hohem Einkommen. Und je höher das Erbe ist, desto größer ist in der Regel auch der Anteil an Betriebsvermögen und somit die Möglichkeit für Ausnahmen und Umgehungen. Wer viel erbt zahlt häufig also weniger Steuern.

Als Grüne haben wir uns bei der Bundestagswahl für eine Reform der Erbschaftssteuer und die Prüfung einer Vermögenssteuer eingesetzt. Aus Verwaltungsgründen ist eine Erbschaftssteuer deutlich leichter umzusetzen, da das Vermögen bei der Erbschaft ohnehin bewertet und angemeldet werden muss. Die Reform muss zwingend eine Anpassung der Regelungen für Betriebsvermögen enthalten, das ist der wichtigste Punkt. Zwar ist es richtig, dass Betriebe durch die Erbschaftssteuer nicht an der wirtschaftlichen Tätigkeit gehindert werden sollen, gleichwohl müssen Sie aber ihren Beitrag leisten. Daher setzen wir uns bei Betriebsvermögen für Stundungsmöglichkeiten ein, die die Steuerlast über mehrere Jahre verteilen.

Für eine gerecht ausgestaltete Erbschaftssteuer, wie wir sie uns vorstellen, gibt es aktuell mit der FDP aber leider keine politische Mehrheit. Wir werden das Thema jedoch nicht aus den Augen verlieren und hoffen, dass wir schon bald die Voraussetzungen für eine Reform schaffen können, um endlich die hohe Vermögensungleichheit in unserem Land anzugehen.

Mit freundlichen Grüßen

Kassem Taher Saleh MdB

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