Frage an Karsten Vollrath von Martina H. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrter Herr Vollrath,
Hamburg steht mit seinen Ausgaben für die Hochschulbildung und Wissenschaft im bundesweiten Vergleich denkbar traurig da. Ebenso finster sieht es mit der Betreuuungsrelation an den öffentlichen Hochschulen aus.
Zudem wird Studieren in Hamburg immer teurer - den Mensen des Studiwerks sind die Zuschüsse mittlerweile komplett gestrichen worden. Nachdem die Mitarbeiter bereits seit Jahren auf die Anpassung ihrer Gehälter verzichtet haben, ließ sich jetzt durch die erneute Streichung eine Preiserhöhung nicht mehr verhindern. Der Semesterbeitrag wird sich bei gleichbleibender reduzierter Subventionslage ebenfalls erhöhen.
1. Wird die GAL diese Sparpläne zurücknehmen?
An der HAW zahlen wir von unseren Studiengebühren inzwischen einen Teil der Miete für die Fakultät Wirtschaft und Soziales in der Alexanderstraße. Dem Mediencampus Finkenau steht eine ähnlich kreative Betriebskostenfinanzierung ins rundum renovierte Haus.
Wenn die Hochschule nicht mehr Mittel zumindest für den Grundbedarf erhält (zu dem die Bereitstellung ausreichender Gebäudekapazitäten doch wohl zu rechnen ist) wird sich die Qualität der Lehre trotz Exellenzinitiative, Lehrpreisen und anderer Kosmetik auch angesichts der zu erwartenden steigenden Zahlen der Studienanfänger sukzessive verschlechtern.
2. Wird die GAL einen soliden Finanzplan für die öffentlichen Hochschulen gewährleisten?
Es ist schön und gut, dass die GAL die Nachlagerung und Reduzierung der Studiengebühren durchsetzen konnte - Im Rahmen der Sparpläne von September/November soll die Verwaltung der Studiengebühren nicht mehr von der Stadt getragen werden - genauso wenig wie die Finanzierung der Nachlagerung. Der Kompensationsbeitrag sollte auch abgeschafft werden.
3. War die GAL an der Ausarbeitung dieser Pläne nicht beteiligt? Für wie realistisch halten Sie angesichts der desolaten Hamburger Finanzlage die tatsächliche Abschaffung der Studiengebühren?
Viele Grüße,
Martina Hennig
Sehr geehrte Frau Hennig,
danke für Ihre Fragen zur Hochschulfinanzierung und Studiengebühren. Ich gebe Ihnen recht: Hamburg hat deutlichen Nachholbedarf bei der Finanzierung für Hochschulbildung und Wissenschaft. Ziel der GAL ist es, dass Hamburg als Hochschul- und Forschungsstandort deutlich aufholt. Dazu ist eine verlässliche und auskömmliche Finanzierung der Hochschulen notwendig. Diese zu gewährleisten ist unser Ziel. Das bedeutet auch, dass die von Ihnen angesprochenen harten Einschnitte kritisch überprüft werden müssen.
Im Bereich der Forschung haben wir in der vergangenen Legislaturperiode einen wichtigen Akzent gesetzt, den wir verteidigen wollen: Mit der Wissenschaftsstiftung haben wir einen wichtigen Baustein zur Verbesserung und Intensivierung der Grundlagenforschung gelegt. Der Forschungsstandort Hamburg würde eine schwere Niederlage erleben, wenn diese Stiftung, wie von der SPD geplant, ersatzlos getilgt würde. Damit verlöre die Forschung in Hamburg wichtige Fördermittel.
Der Anteil des Haushaltes der Wissenschaftsbehörde am Gesamthaushalt der Stadt muss meiner Meinung nach steigen. Und dies nicht nur bei den investiven Mitteln, sondern auch bei den Betriebsmitteln. Die Wissenschaftsfinanzierung muss grundsätzlich überdacht werden. Zurzeit müssen die Bundesländer die staatlichen Hochschulen allein grundfinanzieren. Dieses Kooperationsverbot muss aus unserer Sicht schnellstmöglich aufgehoben werden. Die staatlichen Hochschulen bilden dringend benötigte Akademikerinnen und Akademiker aus; das sollte auch der Bund anerkennen und finanziell unterstützen.
Die Abschaffung der Studiengebühren bleibt weiterhin unser Ziel. Im Rahmen der Koalition mit der CDU ist uns dies nicht gelungen. Wir konnten aber eine 25-prozentige Reduzierung und die nachgelagerte Erhebung durchsetzen. Studiengebühren werden nach dieser Regelung nur fällig, wenn sich nach Abschluss des Studiums der wirtschaftliche Erfolg einstellt. Erst bei einem Jahreseinkommen in Höhe von 30.000 Euro beginnt die Pflicht zur Zahlung der Gebühren.
Ob direkt oder nachgelagert - Studiengebühren schrecken viele potentielle Studentinnen und Studenten von der Aufnahme eines Studiums ab - insbesondere Kinder aus Nicht-Akademikerfamilien. Deshalb ist uns die Abschaffung der Studiengebühren sehr ernst und hat für uns Priorität - auch gegenüber den oben genannten Punkten. Auch wenn bzw. gerade weil dieses Ziel angesichts der Haushaltslage sicher kein einfaches Unterfangen ist, möchte ich diese Forderung hier nicht durch mögliche Etappenziele für die kommende Legislaturperiode verwässern.
Einen Punkt gilt es bei der Abschaffung der Studiengebühren im Auge zu behalten: Die Hamburger Hochschulen nehmen derzeit jährlich rund 39 Mio. Euro aus Studiengebühren ein, die zur Verbesserung der Lehre eingesetzt werden. Aus unserer Sicht darf die Abschaffung der Studiengebühren nicht zur Verschlechterung der Lehre führen. Daher muss eine Abschaffung der Studiengebühren so umgesetzt werden, dass zur Aufrechterhaltung der Lehrqualität notwendige Kompensationsleistungen gewährt werden.
Ich hoffe, ich konnte Ihre Fragen zufriedenstellend und noch rechtzeitig beantworten konnte und würde mich freuen, wenn Sie morgen die GAL und mich wählen. Auf der Landesliste empfehle ich Ihnen für Ihr Anliegen den GAL-Kandidaten und Hochschulexperten Benjamin Bechtel.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Karsten Vollrath