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Karoline Jobst
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Katja H. •

Was ist Ihrer Meinung nach die größte Zukunftsangst unter Jugendlichen und wie könnte man dieser begegnen?

Vielen Dank für Ihre schnelle Antwort Frau Jost. Ich interessiere mich speziell für die Jugendlichen im Osten. Immer wieder hört man, dass diese nicht zufrieden wären. Ich frage mich ob sie sich von der Politik vergessen fühlen, insbesondere zB auf den allzeit beschworenen Fachkräftemangel. Ich frage mich inwieweit die Grünen Problemfelder für Jugendliche sehen und wie man diesen begegnen könnte? Soweit ich weiß, gibt es viele Jugendliche, die keine Perspektiven sehen und scheinbar fühlen vor allem junge Männer sich verloren.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Vielen Dank für Ihre Frage. Es ist in der Tat so, dass viele Jugendliche, insbesondere im Osten Deutschlands, mit großen Zukunftsängsten konfrontiert sind. Ich und die Grünen setzen uns dafür ein, dass Jugendliche im Osten und in ganz Deutschland eine Perspektive haben und sich auf eine lebenswerte Zukunft freuen können. Als GRÜNE JUGEND haben wir vor kurzem ein Forderungspapier veröffentlicht, in dem wir konkrete Ideen für die nächste Legislaturperiode aufstellen. Dieses finden Sie im Anhang.

Ich sehe mehrere zentrale Problembereiche, die dringend angegangen werden müssen. Die Aufzählung ist nicht vollständig und kann die Vielfältigkeit der individuellen Probleme nicht abdecken. Wenn Sie interessiert an einem weiteren Austausch sind, kontaktieren Sie mich auch gerne per E-Mail. 

  1. Arbeits- und Ausbildungsperspektiven: Viele meiner Freund*innen, die eine Ausbildung beginnen, berichten von dem Gefühl, als Azubi nicht ernst genommen und ausgebeutet zu werden. Es fehlt an adäquater Betreuung und oft auch an einem Ausbildungsgehalt, der für ein unabhängiges Leben reicht. Wir müssen sicherstellen, dass berufliche Bildung und Ausbildung in allen Regionen gleichwertig gefördert werden, Berufsschulen modernisiert und gute Bedingungen in den Betrieben herrschen. Ich setze mich z.B. für ein Thüringer Auszubildendenwerk (ähnlich dem Studierendenwerk) ein, dass sich um bezahlbaren Wohnraum, Mitbestimmung und z.B. kostengünstige Kultur- und Mobilitätsangebote kümmert. Außerdem muss berufliche Bildung und Orientierung in allen Schulen mehr Raum bekommen, z.B. durch mehr Praktika oder Praxistage, sodass sich junge Menschen früh orientieren und einen passenden Beruf für sich finden können. 
  2. Politische Mitbestimmung: In den letzten Wochen habe ich mit vielen jungen Menschen gesprochen und oft wahrgenommen, dass sie sich von der Politik nicht ernst genommen fühlen. Das kann ich gut verstehen: Der Altersdurchschnitt in den Entscheidungsgremien ist hoch, oft meinen ältere Menschen, sie wissen schon was am besten für „die Jugend“ sei. Das möchte ich ändern: Zum einen indem ich selbst als junge Person Ansprechperson für Belange junger Menschen im Landtag sein möchte. Zum anderen möchte ich, dass kommunale Jugendbeteiligung nicht nur gesetzlich verankert, sondern auch finanziell und personell gefördert wird. Damit Kinder und Jugendlich an Entscheidungen in ihren Heimatdörfern und -Städten ernsthaft und von Beginn an beteiligt werden. Außerdem muss das Wahlalter auch auf Landesebene abgesenkt werden!
  3. Fehlende Unterstützungsangebote: Es gibt zu wenig Lehrer*innen, Sozialarbeiter*innen und außerschulische Unterstützungsangebote für junge Menschen. Jugendliche sprechen oft davon, nicht zu wissen wo sie Hilfe in akuten Krisen finden, vor allem wenn Schule und Eltern gerade nicht die passende Unterstützung leisten können. Die Qualität von Kinder- und Jugendpsychatrien oder ambulanten Angeboten sind vor allem vom Geld der Eltern abhängig (private vs. Öffentliche Einrichtungen). Hier muss sich das System grundsätzlich ändern: Psychische Gesundheit darf keine Frage vom Geldbeutel sein und es braucht mehr Stellen und bessere Arbeitsbedingungen für Pädagog*innen, vor allem im ländlichen Raum und an Schulen. Es ist auch wichtig, die spezielle Situation junger Männer im Blick zu behalten, die sich oft nicht trauen, Hilfe zu suchen. Hier müssen wir verstärkt psychosoziale Beratungs- und Präventionsangebote in der Schule schaffen, die jungen Männern helfen, ihren Platz zu finden und ihnen Perspektiven bieten, wie sie sich sinnvoll einbringen können.
  4. "Abgehängtsein" und Armut: Fast jedes vierte Kind in Thüringen ist von Armut bedroht. Hier gilt es, Familien finanziell zu entlasten, gute Bildung, Nachhilfe, Freizeitangebote und auch Mobilitätsangebote unabhängig vom Geldbeutel zu ermöglichen. Es ist wichtig, dass wir gezielt in ländliche Räume investieren, um auch dort Bildung, Kultur und Freizeitangebote zu stärken. Die Abwanderung junger Menschen muss gestoppt werden, indem wir attraktive Lebensbedingungen und Berufsperspektiven in Wohnortnähe schaffen. Darum setze ich mich für Infrastrukturpolitik für ländliche Räume ein, die lokale Bedürfnisse ernst nimmt und nicht rein wirtschaftlich handelt. Dazu gehört auch der Ausbau von Bus und Bahn, damit junge Menschen gut mobil sein können.
  5. Klimakrise und Umweltzerstörung: Viele Jugendliche sind besorgt über die Zukunft unseres Planeten. Sie fragen sich, ob sie in einer lebenswerten Welt aufwachsen können. Diese Sorgen müssen wir ernst nehmen, indem wir konsequent in Klimaschutz investieren, den Übergang zu erneuerbaren Energien beschleunigen und eine nachhaltige Wirtschaftsweise fördern.