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Karoline Jobst
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Marco G. •

Ist der Schutz von Wölfen in Thüringen gerechtfertigt, verbesserungsbedürftig oder übertrieben und eher hinfällig?

Seit der Jahrhundertwende breiten sich Wölfe in Deutschland aus. Als konfliktreiche Art, führt der Wolf auch in Thüringen zu emotionsgeladenen Spannungen unter den Menschen. Wie stehen Sie zum Artenschutz im Allgemeinen und zum Wolfsschutz im Speziellen? Finden Sie, der Managementplan Thüringens ist hier vollumfänglich gut gelungen oder wollen Sie diesen abändern? Und welche Maßnahmen halten Sie diesbezüglich für notwendig und zielführend?

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Artenschutz ist für mich von höchster Bedeutung, weil wichtig für das ökologische Gleichgewicht und den Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen ist. Jahrhundertelang hat der Mensch sich Naturräume zu eigen gemacht und nach seinen Wünschen gestaltet. Es wird Zeit, dass wir der Natur wieder mehr Raum geben und natürliche Entwicklungen zulassen. Der Wolf ist ein wichtiger Bestandteil unseres Ökosystems und trägt zur natürlichen Regulation von Wildbeständen und zu mehr Biodiversität bei. Seine Rückkehr nach Deutschland und Thüringen ist ein gutes Zeichen. 

Der Wolfsschutz ist ein komplexes Thema, da er unterschiedliche Interessen berührt und oft emotional aufgeladen ist. Der langfristige Vorteil des Entnehmens von Wölfen (durch Abschuss) ist wissenschaftlich umstritten und kann kein Allheilmittel sein. Stattdessen muss der Herdenschutz in den politischen Fokus genommen werden. Dafür müssen Landwirt*innen unterstützt werden, weil sie auch unabhängig vom Wolf, u.a. durch niedrige Preise für Schaf- und Ziegenprodukte und eine hohe Abhängigkeit von Subventionen, oft in prekären Situationen wirtschaften müssen. Hierzu braucht es ein grundsätzliches Umdenken in der Agrarpolitik und mehr Wertschätzung für naturnahe Landwirtschaft.

Der Thüringer Managementplan für den Wolf stellt aus meiner Sicht einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung dar. Er legt wertvolle Grundlagen für das Monitoring der Wolfspopulation und den Umgang mit Konflikten. Zudem ermöglicht er finanzielle Unterstützung für Präventionsmaßnahmen, wie Schutzzäune und Herdenschutzhunde. Eine Unterstützung bei entstehenden laufenden Kosten (also Kosten, die über die Anschaffung der Schutzmaßnahmen hinaus gehen, z.B. Versorgung von Herdenschutzhunden) wäre ein wichtiger weiterer Schritt zur Entlastung von Landwirt*innen. Auch hier ist eine Entbürokratisierung und Beschleunigung der Antragsverfahren wichtig, damit Landwirt*innen nicht lange auf Kosten sitzen bleiben und verlässlich planen können. 

Der Managementplan stammt aus dem Jahr 2011. Ich halte eine zeitnahe Überarbeitung und entsprechende Fortschreibung unter Beteiligung der AG Wolf, Betroffenen und Bürger*innen für sinnvoll, um neue Forschungsdaten einzubeziehen und die Wirksamkeit der Maßnahmen besonders für betroffene Landwirt*innen zu reflektieren. Darüber hinaus fehlt im Managementplan ein Konzept zur Bürger*innenbeteiligung, die über Information und Aufklärung hinaus geht. Gerade in betroffenen Regionen, wie den Landkreis Gotha, kann eine moderierte und mit Fakten unterlegte Debatte dazu beitragen, Populismus zum Thema Wolf entgegenzuwirken und Ängste zu besprechen.

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