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Frage von Roshan K. •

Frage an Karl Addicks von Roshan K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Hr. Addicks,

meine Frage geht um das Thema Integration, man hört vo jedem zum Thema Integration etwas, nur irgendwie habe ich das Gefühl von der FDP nix zu hören, deshalb meine Frage, wie steht die FDP eigentlich zum Thema Integration, konkret zu den Themen Kopftuch, Staatsbürgerrecht, oder Ausländerkriminalität wie es Koch angesprochen hat. WIe steht die FDP zu einem möglichen EU-Beitritt der Türkei,

Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Kuruvilla,

vielen Dank für Ihre Fragen, die ich gern beantworte. Ich kann Ihren Eindruck der Sprachlosigkeit der FDP zum Thema Türkei oder auch Integration nicht nachvollziehen. Gerade meine Kollegin, die Abgeordnete Frau Sibylle Laurischk, ist im Bereich Integration sehr aktiv. So hat die FDP Bundestagsfraktion erst im Juni 2008 einen Antrag in den Deutschen Bundestag eingebracht, der eine Entbürokratisierung und qualitative Verbesserung der Integrationskurse fordert. Auf der Internetseite der FDP-Bundestagsfraktion www.fdp-fraktion.de finden Sie weitere Informationen zum Thema Integration.

Lassen Sie mich zunächst auf die Beitrittsverhandlungen der Europäischen Union mit der Türkei eingehen. Am 16./17. Dezember 2004 hat der Europäische Rat sich dazu entschieden Beitrittsverhandlungen mit der Türkei aufzunehmen. Diese wurden auch am 3. Oktober 2005 aufgenommen. Für mich und auch für die FDP war es immer so, dass wir uns an diese Entscheidung gebunden gefühlt haben, nach dem Grundsatz, dass einmal beschlossene Verträge einzuhalten sind. Unser Grundsatz war dabei immer, dass die Beitrittsverhandlungen zwischen der EU und der Türkei dann auch wirklich ergebnisoffen geführt werden. Der Beitritt der Türkei zur EU wird sich auch nicht in kurzer Zeit vollziehen lassen. Die Beitrittsverhandlungen werden viele Jahre dauern und die Frage des tatsächlichen Beitritts steht erst in etlichen Jahren auf der Tagesordnung. Keiner kann heute die Aufnahmefähigkeit der EU in zehn Jahren vorhersagen oder bewerten, wie sich Politik, Gesellschaft und Wirtschaft in der Türkei entwickeln. Gerade unter diesem Aspekt, sollte auch über Alternativen zu einem türkischen EU-Beitritt rechtzeitig nachgedacht werden. Alles andere wäre verantwortungslos. Bei den Beitrittsverhandlungen muss vor allem darauf geachtet werden, dass nichts überstürzt wird bzw. keiner überfordert wird, weder das Beitrittsland noch die EU. Das Ziel der Verhandlungsprozesse mit der Türkei, aber auch mit allen anderen Beitrittskandidaten, muss ein Mehr an Wohlstand, Sicherheit und Stabilität für die Türkei und die jetzigen EU-Bürger sein. Gleichzeitig stellt die Aufnahme der Beitrittsverhandlungen auch einen Ansporn für die Türkei dar, die schweren Reformen noch angestrengter zu verfolgen. Für viele EU-Bürger bleibt ein Gefühl des Unbehagens. Aber Miesmachen bringt nichts -- jetzt muss fair und offen, aber auch mit Geduld und vor allem Sorgfalt verhandelt werden.
Gern lege ich Ihnen auch die Position der FDP-Bundestagsfraktion zum Thema Integration dar. Zuwanderer zu integrieren heißt, die Gesellschaft von Morgen zu gestalten. Die Globalisierung ist eine Tatsache, der demografische Wandel wirkt sich längst auf unser tägliches Leben aus. Liberale haben Migration schon immer als Chance und nicht als Bürde begriffen. Trotzdem müssen wir alle Anstrengungen unternehmen, um die Potenziale aller Menschen, die hier leben, optimal zu erschließen. Ziel liberaler Politik ist es, Zuwanderung zu gestalten und den Menschen, die zu uns kommen wollen, eine echte Chance zu geben. Daher fordern wir sinnvolle Instrumente, um eine "qualifizierte Zuwanderung" nach Deutschland zu ermöglichen. Mit einem Punktesystem, das Kriterien wie Sprachkenntnisse, Ausbildung und die Arbeitsmarktlage berücksichtigt, zeigen wir Realitätssinn und stärken gezielt unseren Wirtschaftsstandort. Im Gegenzug müssen wir uns öffnen. Erforderlich sind ein liberales Bleiberecht, Chancengerechtigkeit im Bildungswesen und ein Abbau von bürokratischen Schranken wie das aktuelle Ausländer- und Arbeitsmarktrecht. Der Schlüssel zur Integration ist die Kenntnis der deutschen Sprache. Durch die Einführung der "Integrationskurse" 2005 wurden erstmals flächendeckend Sprachkurse für Neu- und Altzuwanderer eingeführt. Diese müssen schnell auf 1200 Stunden ausgeweitet werden. Unser Ziel ist es, dass alle Kinder mit dem Eintritt in die Schule dem Unterricht folgen können. Daher brauchen wir "Sprachtests" für alle Drei- bis Vierjährigen, um frühestmöglich Defizite zu erkennen und mit einer individuellen Förderung gegensteuern zu können. Ohne die Bereitschaft von Zuwanderern und Einheimischen, aufeinander zuzugehen, können aber noch so viele Maßnahmen keinen Erfolg bringen. Jeder einzelne ist gefordert, sich einzubringen. Viele gelungene Beispiele haben gezeigt, dass mit bürgerschaftlichem Engagement, auch unter Einbindung von Migrantinnen und Migranten, viel erreicht werden kann. Dieses gilt es auszubauen, denn nur Menschen integrieren Menschen.

Gern stehe ich Ihnen für weitere Fragen zur Verfügung.

Viele Grüße

Dr. Karl Addicks