Frage an Karl A. Lamers von Michael B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Dr. Lamers,
zunächst wünsche ich Ihnen ein glückliches und gesundes Neues Jahr 2009!
Mit großer Besorgnis lese ich von dem im polnische Marienburg gefundenen Massengrab und daß sich laut Informationen auf verschiedenen Internetseiten die Bundesregierung nicht für die Aufklärung dieses Verbrechens zuständig fühlt.
Daher bitte ich Sie, sich dieser Sache als Abgeordneter des Deutschen Bundestages anzunehmen, um den Tod dieser 1.800 Menschen, u.a. Frauen, Kinder und Greise, aufzuklären und dem Grundgesetz (Art.1 und Art.25) zu entsprechen
Mit freundlichen Grüßen
Michael Breusch
Sehr geehrter Herr Breusch,
gerne gehe ich auf Ihre Frage zum Thema Kriegstote von Marienburg/Polen ein.
Anlässlich der Bauarbeiten für ein Hotel in Marienburg/Malbork bei Danzig wurden Ende Oktober 2008 die sterblichen Überreste von zunächst über 60, dann mehreren Hundert und gegenwärtigen Schätzungen zufolge ca. 1880 Menschen entdeckt. Die bisher geborgenen Überreste werden in eigens dafür errichteten Hallen auf dem Marienburger Friedhof aufbewahrt. Nach den bisherigen Ermittlungen der polnischen Staatsanwaltschaft gibt es - etwa aufgrund der Art der Verletzungen und der notdürftigen Bestattung in einem Bombentrichter - Anhaltspunkte dafür, dass es sich überwiegend um deutsche Ziviltote (Männer, Frauen und Kinder) sowie möglicherweise einzelne Soldaten aus der Zeit der schweren und anhaltenden Kämpfe um Marienburg gegen Ende des Zweiten Weltkriegs handeln könnte. Dabei ist bisher offen, inwieweit es sich um damalige Einwohner Marienburgs oder auch Flüchtlinge aus Ostpreußen einschließlich etwaiger Zwangsarbeiter oder Kriegsgefangener handelt. Der potentiell aussagekräftigste Teil des aufgefundenen Knochenmaterials wird drei Monate lang forensisch untersucht werden. Das polnische Institut des Nationalen Gedenkens (IPN), das mit staatsanwaltschaftlichen Kompetenzen ausgestattet ist, hat die Ermittlungen am 23. Januar 2009 übernommen. Es untersucht die Entstehung des Massengrabes und die Begleitumstände des Todes der aufgefundenen Opfer. Das Generalkonsulat Danzig und der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V., der im Auftrag der Bundesregierung die Kriegsgräberfürsorge im Ausland wahrnimmt, sind mit der Angelegenheit intensiv befasst und arbeiten mit den zuständigen polnischen Stellen eng zusammen. Die Aussichten, zu einer individuellen Identifizierung der Toten zu kommen, sind nach Einschätzung des Volksbundes aufgrund der Todesumstände und des Zeitablaufs gering. Es wird erwogen, die sterblichen Überreste - nach eingehender Untersuchung auch durch den Volksbund und abhängig von ihrer noch festzustellenden Gesamtzahl - auf einer der bestehenden deutschen Kriegsgräberstätten in Polen beizusetzen (wofür sich wegen der Nähe zu Marienburg in erster Linie Danzig anböte). Das auf einer deutschen Kriegsgräberstätte garantierte "ewige Ruherecht" der zivilen oder militärischen Kriegstoten ist ein wichtiges Argument für eine Bestattung auf einem deutschen Kriegsgräberfriedhof in Polen (und nicht auf einem städtischen Friedhof, etwa in Marienburg). Es ist der Bundesregierung ein wichtiges Anliegen, dass die Toten alsbald nach Abschluss der Ermittlungen und möglichst weitgehender Klärung der Hintergründe eine würdige letzte Ruhestätte finden.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Dr. Karl A. Lamers MdB