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Karl A. Lamers
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Frage von Christian S. •

Frage an Karl A. Lamers von Christian S. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Dr. Lamers,

mein Interesse gilt der Haltung der CDU/CSU und Ihrer Person zum Thema Iran. Die US-Regierung reagiert mit massivem Druck auf die Ankündigung der iranischen Regierung, Kernkraft zivil nutzen zu wollen. Dabei wurde von Präsident George W. Bush wiederum eine militärische Intervention nicht ausgeschlossen.
Was halten Sie, als Außen- und Sicherheitspolitiker (und Kandidat in meinem Wahlkreis) davon? Wie würde sich eine unionsgeführte Bundesregierung in der Angelegenheit verhalten?

Vorab vielen Dank für Ihre Mühe,
mit freundlichen Grüßen
Christian Stiebahl

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Stiebahl,

ich fange mit dem Schluß Ihrer e-mail an: Für eine künftige CDU-geführte Bundesregierung kann ich nicht sprechen, weil ich dazu nicht ermächtigt bin. Aber als Außen- und Sicherheitspolitiker der Union will ich Ihnen gerne antworten.

Die Politik der CDU/CSU in diesem Bereich unterscheidet sich nicht von dem Konsens in der EU, die weitere Verbreitung von Massenvernichtungswaffen in der Welt zu verhindern und die vorhandenen Massenvernichtungswaffen zu reduzieren. Dazu gehört, daß es keine zusätzliche "offizielle" Atommacht mehr geben soll und daß die "offiziellen" Atommächte (USA, Russland, Frankreich, Groß-Britannien und VR China) ihre Bestände drastisch reduzieren. Dies betrifft vor allem die USA und Rußland; die Abrüstungsmaßnahmen sind bereits seit vielen Jahren im Gange. Die Politik der Weltgemeinschaft ist außerdem darauf gerichtet, die "inoffiziellen" Atommächte (z. B. Pakistan, Indien, Nord-Korea) dazu zu bringen, von ihrer Nuklear-Rüstung abzulassen - freilich mit bisher nicht gerade ermutigendem Erfolg. Leider ist es auch so, daß Länder wie der Iran, die im Begriff sind, eigene Nuklearwaffen zu beschaffen oder herzustellen, sich der Kontrolle und dem Einfluß der Weltgemeinschaft zu entziehen versuchen.

Die Politik der Weltgemeinschaft ist deshalb darauf gerichtet, daß der Iran möglichst keine geschlossenen Kreisläufe von Kernbrennmaterial aufbauen oder in Betrieb setzen kann oder soll.

Die Europäische Union hat es übernommen, auf der Grundlage der EU-Strategie gegen die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen vom 12. Dezember 2003 mit dem Iran auf friedlichem Wege zu einer Lösung zu kommen.

Die UN und die EU versuchen seit 2003, den Iran ohne Gewaltanwendung davon abzuhalten, die Kernbrennstoffkreisläufe zu schließen. Der Iran unterzeichnete zwar am 21. Oktober 2003 ein Zusatzprotokoll, in dem er sich verpflichtete, mit der IAEO zu kooperieren und die offenen Fragen in Bezug auf kernwaffenfähiges Material im Iran mit dieser UN-Organisation zu klären. Aber seither hat der Iran ständig versucht, vollendete Tatsachen zu schaffen. So wurden wir im April dieses Jahres mit der Nachricht aufgeschreckt, der Iran horte Zentrifugen zur Aufbereitung von Kernbrennstoffen. Diese Nachricht wurde nicht von der CIA verbreitet, sondern von den Iranern selbst. Genauso ist es jetzt mit der Atomanlage Isfahan: Die Iraner sprechen in ihren Medien von einem "Sieg über die EU", was anzeigt, daß sie nicht wirklich bereit sind, mit der EU ein Übereinkommen zu schließen, das dem Ziel der Weltgemeinschaft entgegenkommt, die weitere Verbreitung von Nuklearwaffen und waffenfähigem Nuklearmaterial zu verhindern.

Im Grunde geht es um eine Verpflichtung des Iran, in der Zukunft kein waffenfähiges Plutonium herzustellen. Dazu war der Iran bisher nicht bereit.

Nach meiner Überzeugung gibt es keine Alternative zur Politik der EU und der Weltgemeinschaft. Sollte der Iran nicht einlenken, sehe ich keinen anderen Weg als die Beratung und einen Beschluß des Weltsicherheitsrats. Dies hat ja auch der "EU-Außenminister", Javier Solana, für den Fall des Nicht-Einlenkes des Iran angekündigt. Die Weltgemeinschaft kann kein Interesse daran haben, daß der Iran sich zu einer Atommacht entwickelt. Die Folge wären wohl ein Rüstungswettlauf in der Region und neue sicherheitspolitische Risiken oder gar Bedrohungen weltweit.

Die Frage der Lösung des Atom-Problems mit dem Iran ist also keine national zu lösende Frage. Die deutsche Politik ist eingebettet in die Außenpolitik der EU und auf die Vertragswerke der Weltgemeinschaft zur Verhinderung der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen (Atomsperrvertrag, Nichtverbreitungsvertrag mit dazugehörigen Kontroll-Regimen). Dies wird auch die Politik der CDU / CSU nach einer möglichen Regierungsübernahme in Berlin sein.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Karl A. Lamers MdB