Frage an Karl A. Lamers von Fabian G. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Dr. Lamers,
mit dem aktuellen Entwurf vom 11.03.2015 zur Neuregelung des Telemediengesetzes der Bundesregierung vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie positioniert sich die Bundesregierung gegen die Verbreitung digitaler Netzwerke und WLAN-Zugangspunkte zum Internet in Deutschland. Mit der Annahme dieses Entwurfs wäre Deutschland eines der ganz wenigen Länder weltweit, das weiterhin an einer Störerhaftung in WLAN-Netzwerken festhält.
In sechs konkreten Punkten hat der Förderverein Freie Netzwerke e.V. in einer Stellungnahme unter folgendem Link festgehalten, warum diese Gesetzesänderung weder wünschenswert, noch überhaupt umsetzbar ist und die aktuelle Situation eher verschlechtert als verbessert sowie zu unsäglichen Kosten für Verwaltung und Wirtschaft führen wird:
http://freifunk.net//stellungnahme-tmg-e
Wie stehen Sie zum Entwurf zur Neuregelung des Telemediengesetzes und der Stellungnahme des Fördervereins Freie Netzwerke e.V.? Sind Sie für mehr verfügbare WLAN-Zugangspunkte in Deutschland (und speziell in Heidelberg) oder dagegen? Werden Sie sich dafür einsetzen, dass der Entwurf so nicht beschlossen bzw. die Störerhaftung abgeschafft wird? Wenn ja, wie? Wenn nein, warum nicht?
Mit freundlichem Dank und Gruß
Sehr geehrter Herr Grünig,
vielen Dank für Ihre Frage vom 15. März zum Zweiten Telemedienänderungsgesetz.
CDU, CSU und SPD haben im Koalitionsvertrag das Ziel festgeschrieben, „dass in deutschen Städten mobiles Internet über WLAN für jeden verfügbar ist“. Auch in der Digitalen Agenda der Bundesregierung ist der Ausbau lokaler Funknetze festgeschrieben. Insbesondere die Schaffung von Rechtssicherheit für Anbieter von öffentlich zugänglichen WLAN-Punkten soll dabei Priorität haben.
Die momentan existierende Unsicherheit wurde als wesentliches Hemmnis für eine weitere Verbreitung von WLAN-Zugängen ausgemacht. Mit 1,87 WLAN-Hotspots pro 10.000 Einwohner liegt Deutschland im internationalen Vergleich wesentlich hinter Staaten wie Südkorea, Großbritannien und Schweden.
Mit dem Zweiten Telemedienänderungsgesetz, welches bisher lediglich als Referentenentwurf vorliegt, hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie nun die oben genannten Punkte aufgegriffen. Ziel ist es, WLAN-Betreibern Rechtsklarheit bei der Frage zu verschaffen, inwiefern sie für die Rechtsverletzungen der Nutzer ihres Zuganges haftbar gemacht werden können.
Konkret sieht der Entwurf vor, dass geschäftsmäßige Betreiber von öffentlich zugänglichen WLAN-Hotspots nicht für das Fehlverhalten der Nutzer haften, wenn der Router einerseits die Daten verschlüsselt überträgt und die Nutzer per Klick einer Erklärung zur Legalität ihres Nutzungsverhaltens zustimmen.
Diese Regelung soll lediglich für gewerbliche Anbieter gelten. Private Anbieter müssen ihre Nutzer namentlich kennen, um im Falle von Rechtsverletzungen den Nutzer identifizieren zu können. Ansonsten sind sie als Anbieter haftbar. Weder private noch gewerbliche Anbieter sollen jedoch dazu verpflichtet werden, die Verbindungsdaten ihrer Nutzer zu speichern.
Der vorliegende Referentenentwurf wurde am 11. März an die Bundesländer und Fachverbände versandt. Auch das sogenannte Notifizierungsverfahren bei der Europäischen Kommission wurde in Gang gesetzt. Die Kommission sowie die Mitgliedsstaaten haben nun drei Monate Zeit, um Stellung zum Entwurf zu beziehen und gegebenenfalls existierende europarechtliche Bedenken zu artikulieren. Erst dann kann das Kabinett über den Entwurf beraten, bevor der Gesetzesentwurf dem Deutschen Bundestag zum parlamentarischen Beratungsverfahren zugeleitet wird.
Die Frage, inwiefern die genannten Regelungen praktisch umgesetzt werden können und ob die Differenzierung zwischen gewerbsmäßigen Anbietern und privaten Anbietern rechtlich unbedenklich für einen schnellen Ausbau der öffentlich zugänglichen WLAN-Hotspots ist, wird in den kommenden Monaten zu klären sein. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist jedoch mehrheitlich der Auffassung, dass aus Gründen der IT-Sicherheit als auch aus Gründen der Verhinderung anonymer Kriminalität im Internet eine Unterscheidung sinnvoll ist. Dies ist insbesondere dem Umstand geschuldet, dass Straftaten eher im privaten als im öffentlichen Raum zu erwarten sind.
Mit dem Gesetz schaffen wir unter Einhaltung einfacher, praktikabler und verhältnismäßiger Sicherungspflichten endlich Rechtssicherheit für WLAN-Betreiber, die bisher als sogenannte Störer Gefahr liefen, für rechtswidrige Handlungen ihrer Nutzer im Internet zu haften. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion strebt einen Ausbau der WLAN-Versorgung und auch die Möglichkeit der Nutzung durch Dritte an. Gleichzeitig kann es keine Freistellung von jeglicher Haftung geben. Deshalb muss der Ausbau in einem geordneten rechtlichen Rahmen erfolgen.
Es gilt nun, die Stellungnahmen der Bundesländer, der Fachverbände sowie der Europäischen Kommission abzuwarten und diese in den vorliegenden Referentenentwurf einzubeziehen. Mit einem Kabinettsbeschluss ist nicht vor Juli/August diesen Jahres zu rechnen.
Mit Bezug auf den WLAN-Standort Heidelberg gilt: Der Gemeinderat der Stadt Heidelberg hat bereits der Einrichtung eines kostenfreien WLAN-Netzes zugestimmt und wird dieses in den kommenden Jahren ausbauen. Dies ist ein begrüßenswerter Schritt, den es nach Kräften zu unterstützen gilt. Ich hoffe, dass viele Städte und Gemeinden meines Wahlkreises diesem Beispiel folgen werden.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Karl A. Lamers MdB