Frage an Karl A. Lamers von Ansgar M. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Lamers,
Ihnen als Mitglied des Verteidigungsausschusses würde ich gern einmal eine Idee vorstellen, die ich in den Medien jedenfalls noch nicht gehört oder gelesen habe.
Wie wäre es, wenn man den Wehrdienst in einen allgemeinen Staatsdienst umwandelt?
Eine Zusammenfassung von Wehrdienst, Zivildienst und freiwilligem sozialen Jahr, verpflichtend für Männer und Frauen gleichermaßen und z.B. auf 12 Monate befristet. Jeder junge Mensch hätte die Pflicht, sich ein Jahr lang für unseren Staat einzusetzen, könnte dann aber für sich entscheiden, was er lieber macht: Wehrdienst oder Altenbetreuung oder Arbeit mit Kindern oder....
Ein solcher Staatsdienst wäre gerecht (und zwar endlich auch geschlechterübergreifend), würde den Trägern sozialer Dienste helfen und würde der Bundeswehr eine Zahl von Wehrdienstleistenden bescheren, mit der sie arbeiten könnte.
Könnte man daraus nicht einmal ein Konzept machen? Was für Probleme sehen Sie? Weshalb wird diese Idee nicht diskutiert, bin ich etwa der erste, dem sie gekommen ist?
Mit freundlichen Grüßen,
Ansgar Machalický
Sehr geehrter Herr Machalický,
vielen Dank für ihre E-mail, in der Sie die Einführung eines allgemeinen Pflichtdienstes vorgeschlagen haben.
In der Vergangenheit hat es immer wieder Diskussionen und Versuche gegeben, alle Dienste für die Allgemeinheit (Wehrdienst, Zivildienst, Soziales Jahr usw.) in einem einheitlichen Dienst zusammenzufassen. Die Einführung einer solchen allgemeinen Dienstpflicht bedarf einer verfassungsändernden Zweidrittel-Mehrheit im Plenum des Bundestages, die in der Vergangenheit aus verschiedenen Gründen nie zustande kam.
Ein entscheidendes Hindernis für eine allgemeine Dienstpflicht liegt in der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), die festlegt, daß niemand gezwungen werden darf, Zwangs- oder Pflichtarbeit zu verrichten. Übereinstimmend sagen uns die Rechtsexperten, daß die Einführung eines verpflichtenden, allgemeinen Dienstes gegen diese Konvention verstoßen würde, was zweifellos zu einer Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte führen würde. Das negative Ergebnis eines solchen Verfahrens wäre absehbar.
Vor diesem Hintergrund sehe ich es als eine Möglichkeit an, die schon bestehenden freiwilligen Dienste im Sinne einer "Kultur der Freiwilligkeit" auszubauen und weiterzuentwickeln. Ich bin sicher, daß viele junge Menschen nicht nur gezwungenermaßen, sondern auch ganz freiwillig bereit sind, Verantwortung für die Gesellschaft und somit auch für den Staat zu übernehmen. Ich bin bereit, entsprechende Initiativen außerhalb und innerhalb des Parlaments zu unterstützen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Karl A. Lamers MdB