Frage an Karl A. Lamers von Juergen E. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Dr Lamers.
Sie haben am 7.5.10 dem Notkredit fuer Griechenland zugestimmt. Der Kredit wurde Anfang April von Griechenland auf ca 25 Mrd geschaetzt, sechs Wochen spaeter ist der Betag um das 5-fache angestiegen (und keiner weiss zur Zeit ob das reichen wird)
Damit werden deutsche und damit auch meine Steuergelder in ein fremdes Land transferiert, und das ohne jegliche Gegenleistung.
Ich mochte an den Amtseid in Art. 56 des deutschen Grundgesetzes erinnern, Er besagt unter anderem:
...dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden...
Aufgrund dieses Amtseids kann ich nicht verstehen, dass Sie solch einem Geldtransfer ohne Gegenleistung zustimmen.
Fragen:
a) Welche Begruendung haben Sie hierfuer
b) Warum haben Sie sich nicht dafuer eingesetzt, dass alle Glaeubiger des griechischen Staates ihren Teil beitragen
c) Wie werden Sie sich verhalten, wenn weitere Gelder noetig werden (fuer Griechenland oder andere Euro-Laender)
Mit freundlichem Gruss
Juergen Engert
Sehr geehrter Herr Engert,
für Ihr Schreiben, in dem Sie mir Ihre Sorgen und Bedenken in bezug auf die Unterstützung Griechenlands im Rahmen der Euro-Rettung erläutern, möchte ich Ihnen danken. Zunächst bitte ich Sie jedoch um Entschuldigung, dass ich Ihnen erst jetzt antworte. In Anbetracht der Vielzahl an Schreiben, die mich täglich erreichen, war Ihre Anfrage in meinem Büro untergegangen und wurde mir erst jetzt vorgelegt.
Die Rettung unserer gemeinsamen Währung gehört zu den wichtigsten, aber auch zu den schwierigsten Aufgaben dieser Legislaturperiode. Nicht zuletzt hängt hiervon die wirtschaftliche Zukunft unseres Landes ab. Als Abgeordneter ist es jedoch meine Aufgabe, zum Besten für unser Land und seine Bevölkerung zu handeln. Auch wenn es bisweilen unbeliebte und nur schwer nachvollziehbare Entscheidungen sind. Bedenken kann ich durchaus verstehen. Ich möchte jedoch klar sagen, dass ich die Alternativen und sämtliche Vor- und Nachteile in Bezug auf jede Maßnahme zur Euro-Rettung – seien es nun die Finanzhilfen für Griechenland, die Einrichtung des dauerhaften Euro-Rettungsschirms ESM oder der Fiskalvertrag – genauestens abgewogen habe.
Ein automatischer Ausgleichsmechanismus würde unser Land überfordern und gleichzeitig den Grundgedanken, auf dem die europäische Union beruht, aushöhlen. Insofern müssen wir auch aus Rücksicht auf künftige Generationen die Belastungen beschränken. Hier unterstütze ich Sie in Ihrem Anliegen. Eine „EU-Transferunion“, einen dauerhaften Länderfinanzausgleich, wird es daher mit uns nicht geben. Jedes Land muss zuallererst selbst dafür Sorge tragen, dass der Haushalt in Ordnung ist und die geforderten Kriterien erfüllt werden.
Der Fiskalvertrag ist der zentrale Baustein einer neuen Stabilitätskultur in Europa. Mit ihm geht die Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten eine der fundamentalen Ursachen der Schuldenkrise in der Euro-Zone an: Ausufernden Staatsschulden und mangelnder Haushaltsdisziplin werden klare Grenzen gesetzt. Nur Länder, die auch den Fiskalvertrag ratifiziert haben, werden Mittel aus dem ESM erhalten, unter strikten Auflagen und zu angemessenen Zinsen. Die Schulden-Länder werden zu Reformprogrammen verpflichtet, Defizite müssen reduziert und die Wettbewerbsfähigkeit gestärkt werden.
Sollte es jedoch tatsächlich so kommen, dass sich Schulden-Länder wie Griechenland, Italien oder Spanien an keine der gemachten Zusagen bezüglich Reformen und Sparprogrammen halten, sind der Unterstützung durch die Euro-Gemeinschaft selbstverständlich Grenzen gesetzt. Denn Solidarität ist keine Einbahnstraße, hierin sind wir uns sicher einig.
Durch die umfassenden Maßnahmen zur Euro-Rettung, insbesondere durch den dauerhaften Rettungsschirm ESM in Kombination mit dem Fiskalpakt, wäre beispielsweise bei einem möglichen Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone oder einer geordneten Insolvenz die Infektionsgefahr für die übrigen Euro-Staaten dann aber wesentlich geringer, als dies noch vor einigen Monaten der Fall gewesen wäre.
Mit freundlichen Grüßen
Karl A. Lamers